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Politik

"Hilflos, aber nicht verzweifelt"

Hans Spross
18. Februar 2020

China verschärft seine Quarantänemaßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus. Dies bekommen auch Bürger der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong zu spüren, die in der Provinz Hubei gestrandet sind.

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Ein Arbeiter auf Xiagons Straßen: In der Millionenstadt ist es still geworden Bild: picture-alliance/dpa/H. Huhu

Xiaogan rund 60 Kilometer nordwestlich von Wuhan gilt als die am zweitstärksten von der Coronavirus-Epidemie betroffene Stadt in China, beide in der Provinz Hubei. Die Stadt hat 4,8 Millionen Einwohner. Die chinesische Gesundheitskommission zählte dort am Dienstag (18.02.) 3320 Infizierte und 75 Todesopfer. Seit Sonntag gilt eine generelle Ausgangssperre für die Bewohner. Sie dürfen ihre Wohnungen nicht verlassen. Der Straßenverkehr wird generell gesperrt, für alle Fahrzeuge. Es gibt allerdings Ausnahmen, so für medizinisches Personal, den Transport lebensnotwendiger Güter, für Kranke, Hochschwangere und Besucher von Trauerfeiern.  

In Hubei befinden sich derzeit 2000 Besucher aus Hongkong, wie einer von ihnen mit Namen Chan der DW per Instant-Messaging-Dienst berichtete. Er war zum Frühlingsfest mit seiner Frau zu Verwandten nach Xiaogang gereist, die Rückreise war für den 2. Februar geplant. Die Absperrung der Städte in Hubei hat ihm wie seinen Leidensgenossen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

"Wir haben der Regierung der Sonderverwaltungszone vorgeschlagen, die Menschen, die bisher keine Symptome aufweisen, in kleinen Gruppen herauszuholen. Dieser Vorstoß fand bisher aber kein Gehör. Wir haben auch die Hongkonger Einwanderungsbehörde angerufen. Dort hieß es, man könne uns leider nicht helfen und sei für uns nicht zuständig, da wir uns derzeit auf dem Festland befinden", berichtet Chan der DW.

Unruhe in Hongkong

In Hongkong können Heimkehrer vom Festland nicht unbedingt mit einer freundlichen Begrüßung rechnen. Dort wurden bislang 60 Infizierte gemeldet, einer von ihnen ist gestorben. Forderungen nach einer kompletten Schließung der Grenze zum Festland wies Regierungschefin Carrie Lam als "unpraktisch, unangemessen und diskriminierend" zurück.

China Xiaogan | Coronavirus | leere Straße mit Polizeiauto
Gesperrte Straße in Xiaogan: Nur in absoluten Ausnahmen dürfen hier Autos entlang fahren Bild: Chan

Der Coronavirus hält Regierung und Bürger Hongkongs derzeit vor allem angesichts des Dramas auf dem Kreuzfahrtschiff "Diamond Princess" in Atem, das vor Yokohama ankert und unter anderem über 300 Passagiere aus Hongkong an Bord hat. Auf dem Schiff sollen sich inzwischen über 540 Menschen angesteckt haben. Hongkong will seine Bürger am Donnerstag vom Schiff heimholen und für zwei Wochen in einem zur Isolierstation umfunktionierten Wohngebäude unterbringen. Dagegen regt sich lautstarker Protest von Anwohnern. 

Reichlich Gemüse für Eingeschlossene

"Wir verstehen, dass wir jetzt warten müssen. Wir sind hilflos, aber nicht verzweifelt", sagt der mit seiner Frau in Xiaogan eingesperrte Chan. "Essen und alles, was man fürs Leben braucht, wird von der kommunalen Versorgungsstelle in der Wohnsiedlung gegen Bezahlung zentral verteilt." Die Gemüseauswahl ist reichlich, für umgerechnet 14 Euro gibt es jeweils zwischen einem halben und anderthalb Kilo Mangold, Paprika, Karotten, Salat, Knoblauch, Gurken, Fleischtomaten, Peperoni, Sellerie, Chinakohl, Bärlauch, Ingwer und Lauchzwiebeln als Paket. 

"Unser Lieferant liefert ab fünf Pakete frei Haus", erzählt Chan. Die Bestellungen bis 15 Uhr werden immer am nächsten Tag geliefert. Auch Speiseöl, Reis und Eier kann man gegen Zuschlag bestellen. Ein großer Karton mit 360 Eiern kostet umgerechnet 30 Euro, fünf Liter Speiseöl 5,60 Euro, zehn Kilo Duftreis sieben Euro." Fleisch gebe es nicht, aber "wir haben noch getrocknete und in Salz eingelegte Fische. Sie reichen für eine Weile aus", sagt Chan. Wenn es nötig wäre, würde die Hongkonger Regierung ihnen Medikamente per Kurierdienst schicken, das sei aber zum Glück nicht der Fall.

Nachbarschaftsbesuche rabiat unterbunden

Auf die Frage, womit sich Chan und seine Angehörigen die Zeit vertreiben, sagt er: "Wir sehen viel fern, spielen mit dem Handy, oder Mahjong. Dabei ist aber Vorsicht angebracht. Ich habe heute im Internet gelesen, dass das Nachbarschaftskomitee in eine Wohnung eingedrungen, das Mahjongspiel beschlagnahmt und den Spieltisch kaputtgehauen haben soll." (Mahjong wird zu viert gespielt. Offenbar fehlten Spieler in der Wohnung, so dass man sich zu verbotenem Besuch verabredet hatte – Red.) Chan ist erbost: "Ich will bloß wissen, wer dem Komitee das Recht gibt, das zu tun, was es für richtig oder falsch hält, ohne richterlichen Beschluss."

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Das Gesellschaftsspiel Mahjong wird nur mit vier Spielern gespielt: Laut Medienberichten wird das Spiel teilweise untersagt Bild: Reuters/E. Su

Chan ist trotz der jüngsten verschärften Maßnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit optimistisch: "Ich denke, es geht jetzt aufwärts. Wir möchten so bald wie möglich nach Hongkong zurückkehren. Mit einem Gesundheitsnachweis und einem PKW würden wir zu einem der nächsten Bahnhöfe außerhalb der Provinz fahren und mit der Bahn nach Hongkong. Aber wann es soweit ist, wissen wir nicht. Wir können hier nur abwarten." 

Mitarbeit: Ching-ho Chow