Hip Hop: Der Aufstieg der Zeremonienmeister
31. Januar 2006Die Wiege des Hip-Hops stand im New York der 1970er Jahre - genauer gesagt: in den Stadtvierteln Bronx und Queens. Die dort lebenden Menschen, zum größten Teil Afroamerikaner und Latinos, waren verarmt, sozial deklassiert und vom Rest der Gesellschaft isoliert.
In dieser Situation entwickelten sich in den Vierteln eigene Kultur-Formen, wie etwa die "Block Partys". Sie werden heute als Beginn der Hip-Hop-Bewegung gesehen: junge Musiker, DJs, taten sich zusammen und spielten in alten Fabrikgebäuden, auf Parkplätzen oder in Parks ihre Musik. Einige von ihnen begannen, nur den Beat von Funk-, Soul- oder Disco-Stücken zu spielen und mit ihnen zu experimentieren, aus ihnen Klangcollagen zu basteln, indem sie sie parallel oder in verschiedenen Geschwindigkeiten laufen ließen.
Plattenspieler und Zeremonienmeister
Die DJs wurden dabei von den so genannten "Masters of Ceremony", den MCs, unterstützt, die immer wieder Wörter oder Sätze einwarfen, um die Menge anzuheizen. Beispielsweise: "Put the hands in the air". Nach und nach wurden die "Zeremonienmeister" und ihr Sprechgesang immer präsenter und die Musik der DJs rückte in den Hintergrund: Der Rap war geboren. Breakdance und Graffiti ergänzten die entstandene Hip-Hop-Kultur.
Diese Bewegung wollte "neue Räume besetzen", erklärt Murat Güngör, deutscher Autor und Rapper. "Und zwar im Sinne von Spaß haben und Party machen." Es sei nicht ganz richtig, Hip-Hop nur darauf zu reduzieren, die Probleme der unteren Gesellschaftsschicht zu präsentieren, betont er. Klar habe das eine Rolle gespielt, aber eben nicht ausschließlich: "Das waren nicht alles revolutionäre Ghetto-Krieger, die für eine andere Welt kämpfen. Da wird Hip-Hop oft missverstanden!"
Der Battle-Rap war und ist Mittelpunkt der Hip-Hop-Kultur
Das Nebeneinander von Gegen- und Spaßkultur zeigten auch die Texte, sagt Murat Güngör. "Natürlich gab es später auch Formen von Protest, ganz am Anfang aber ging es um Spaß und Feiern. Das stand im Vordergrund." Allerdings sei es durchaus richtig, dass die frühe Hip-Hop-Bewegung durch das "Aneignen von Räumen" auch einen subversiven Charakter habe, räumt Murat ein. "Etwa, wenn die DJs im Park Straßenlaternen anzapfen, um Strom zu bekommen. Doch es ging eben primär darum, in die Gesellschaft einzutreten, nicht gegen sie zu kämpfen."
In dieser Anfangszeit des Hip Hops entstand auch die "Battle-Rap-Tradition". In dieser "musikalischen Schlacht" haben sich die MCs einem verbalen Kampf mit ihrem Gegenüber ausgesetzt. Es ging um Selbstdarstellung, etwa Ich-bin-der-Beste, und die Bloßstellung des Gegners. "Das ist bis heute der Mittelpunkt dieser Kultur", sagt Murat Güngör.
Aus der Bronx in die ganz Welt
1979 hatte die neue Hip-Hop-Bewegung ihren ersten großen Hit: "Rapper's Delight" von der Sugarhill Gang. Der Song hat sich über acht Millionen Mal verkauft und Hip-Hop salonfähig gemacht. Der Riesenerfolg von "Rapper's Delight" machte zudem auch klar, dass mit Rap Geld verdient werden konnte.
In den folgenden Jahrzehnten hat sich Rap in der Gesellschaft und der Welt verbreitet. Der erste "weiße Rap" erschien und öffnete dem Hip-Hop auch in der kommerziellen Musikindustrie endgültig die Türen. Seit Anfang der 1990er ist Hip-Hop zu einem internationalen Phänomen geworden. Dabei haben sich für die einzelnen Länder typische Stile und Eigenheiten herausgebildet. Nicht nur in Europa, auch in Afrika und Südamerika.