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Hitlers Machtzentrale am Obersalzberg

22. Dezember 2021

Am Obersalzberg machte Hitler Urlaub und richtete einen zweiten Regierungssitz ein. Ein Dokumentationszentrum klärt über die dunkle Geschichte am idyllischen Ort auf. Jetzt auf noch mehr Raum.

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Postkarte: Adolf Hitler in Zivil, auf der Terrasse des Berghofs in einem Korbsessel sitzend und Akten lesend.
Adolf Hitler inszenierte sich gern als beschäftigter Landesvater - hier auf der Terrasse seines Hauses am Obersalzberg Bild: IMAGNO/Austrian Archives/picture-alliance

Eingebettet in die imposante Bergwelt der Bayerischen Alpen, unweit vom Königssee, liegt der Obersalzberg in rund 1000 Meter Höhe oberhalb von Berchtesgaden. Der Blick ist spektakulär - das fand auch Adolf Hitler, der den Ort als Feriendomizil auswählte. Und das schon lange, bevor er deutscher Reichskanzler wurde. Hitler war zunächst ein ganz normaler Urlauber, ein "umgänglicher Mensch", wie sich sein erster Vermieter an den Mann, der den Zweiten Weltkrieg beginnen und den Holocaust verantworten sollte, in einem Interview erinnert. 1925 mietete er eine Blockhütte im Wald, wo der zweite Teil seiner Hetzschrift "Mein Kampf" entstand, später dann ein Landhaus namens "Wachenfeld".

Nachdem Hitler 1933 in Deutschland die Macht übernahm, kaufte er das bescheidene Anwesen und ließ es zum luxuriösen "Berghof" umbauen: Der verfügte über alle Annehmlichkeiten inklusive Panoramafenster, Kellerbar und Kegelbahn. Um das über 100 Hektar große "Führersperrgebiet" nach seinen Wünschen zu gestalten und seiner NS-Entourage Platz zu bieten - auch Reichsmarschall Hermann Göring und Architekt Albert Speer beanspruchten eigene Ferienhäuser -, wurden Einheimische enteignet oder zum Spottpreis ausbezahlt.

Schaltzentrale der Macht

Die Sommerresidenz wurde neben Berlin zum zweiten Regierungssitz des "Führers": mit SS-Kaserne, Verwaltungsgebäuden, Werkstätten und unterirdischen Bunkern. Am Obersalzberg gaben sich bald Politiker, Staatschefs und Militärs aus der ganzen Welt die Klinke in die Hand, hier verhandelte Hitler mit dem britischen Premierminister Neville Chamberlain und speiste mit dem italienischen "Duce" Benito Mussolini.

Postkarte: Adolf Hitler streichelt ein Kind, die Menge jubelt ihm zu
Der Obersalzberg wurde zur Pilgerstätte: Die Menschen kamen in Scharen, um dem "Führer" zuzujubeln Bild: arkivi/picture alliance

Gleichzeitig bot die alpine Postkartenidylle Hitler die perfekte Kulisse, um sich als natur- und volksnaher "Führer" in Szene zu setzen: Die Fotos, wie er versonnen in die Ferne schaut, blonde Kinderköpfe tätschelt, Hände schüttelt, mit seiner Geliebten Eva Braun auf der Terrasse sitzt oder mit seinen Schäferhunden spazieren geht, gingen um die Welt.

Erinnerungsort der NS-Zeit

All das erfährt man im Dokumentationszentrum Obersalzberg, das 1999 als Lern- und Erinnerungsort eingerichtet wurde und jetzt um einen 1000 Quadratmeter großen Bau erweitert wurde. Das ursprüngliche Haus war für maximal 40.000 Besucher jährlich konzipiert worden und längst viel zu klein für den Andrang von Touristen aus aller Welt geworden. Viele wollen vor allem wissen, wo genau Hitler denn gewohnt hat auf dem Gelände. Doch von den ursprünglichen Bauten ist nicht mehr viel übrig.

Außenansicht des NS-Dokumentationszentrums Obersalzberg vor alpiner Kulisse
Das alte Dokumentationszentrum ist zu klein gewordenBild: Matthias Balk/dpa/picture alliance

Ein Großteil des Komplexes auf dem Obersalzberg wurde am 25. April 1945 beim Bombenangriff der britischen Royal Air Force zerstört. Am 4. Mai rückte die US-Armee in Berchtesgaden ein - und blieb bis 1995 dort stationiert. Nach dem endgültigen Abzug der amerikanischen Truppen wollte das Bundesland Bayern "wildem" Hitler-Tourismus Einhalt gebieten und erst recht Wallfahrten von Pilgern rechter Gesinnung vermeiden. Und so ließ man am geschichtsträchtigen Ort ein Luxushotel und das Dokumentationszentrum erbauen, um das touristische und politische Interesse zu kanalisieren.

Touristenmagneten: Adlernest und Bunker

Von den Bombenangriffen verschont blieb das "Hotel zum Türken", das schon 1949 den Erben des von den Nazis enteigneten ursprünglichen Besitzers Karl Schuster zurückgegeben wurde - inklusive der darunter erbauten Bunkeranlagen. Hier hatte nicht Hitler residiert, wie oft fälschlich behauptet wird, sondern der für seinen Personenschutz zuständige Reichssicherheitsdienst, manchmal auch Männer der SS oder Gestapo. Anfang dieses Jahres wurde das Hotel an eine alteingesessene Berchtesgadener Unternehmerfamilie verkauft; was in Zukunft mit dem Gebäude passieren wird, ist noch ungewiss.

Ein Bunker im NS-Dokumentationszentrum Obersalzberg
Die unterirdischen Bunker können besichtigt werden Bild: Peter Kneffel/dpa/picture alliance

Ebenfalls verschont vom Bombardement blieb das Kehlsteinhaus, ein Touristenmagnet auch für viele ausländische Besucher, die es als "eagle's nest" (deutsch: Adlernest) kennen. Hitlers enger Vertrauter, der NSDAP-Parteisekretär Martin Bormann, ließ es in 1834 Metern Höhe auf einem Felsvorsprung errichten - angeblich als Geschenk zu Hitlers 50. Geburtstag. Auch wenn das nicht einwandfrei bewiesen ist, so ist das Haus in schroffem Gelände doch ein Symbol nationalsozialistischen Größenwahns, schreibt Florian Beierl in seinem Buch "Die Geschichte des Kehlsteins": Ein goldglänzender Aufzug inmitten des Berges, durch den man zum 'Gipfel der Macht' gleichsam emporgehoben wurde - all das eignete sich nur zu gut, um Menschen zu blenden." Heute befindet sich im Kehlsteinhaus ein beliebtes Gasthaus.

Das Kehlsteinhaus liegt auf einem Felsvorsprung. Wanderer laufen über einen Pfad dorthin
Hitler liebte den Ausblick vom Kehlsteinhaus - heute kehren hier Wanderer einBild: Dominic Jones/Loop Images/picture alliance

Eröffnung 2022 geplant

Es ist nicht nur die grandiose Bergwelt, sondern auch der "Führer"-Mythos, der die Menschen in Scharen zum Obersalzberg zieht. Zuletzt waren es rund 170.000 Besucher jährlich. Zu viel für das Dokumentrationszentrum, das deswegen jetzt einen Erweiterungsbau erhielt. 2022 sollen die Pforten geöffnet werden. Auf 800 Quadratmetern (230 weitere sind für Wechselausstellungen vorgesehen) wollen die Macher vom Institut für Zeitgeschichte München - Berlin die Dauerausstellung "Idyll und Verbrechen" komplett neu in Szene setzen - multimedial und mit zahlreichen Exponaten und einem detailgetreuen Landschaftsmodell. So will man vermeiden, dass Besucher den Nervenkitzel suchen und auf eigene Faust losziehen oder sich über dubiose Quellen im Internet informieren. 

Suzanne Cords Weltenbummlerin mit einem Herz für die Kultur