Licht am Ende des griechischen Tunnels
23. Januar 2018Für den geschäftsführenden deutschen Finanzminister Peter Altmaier ist die positive Entwicklung bei der finanziellen Sanierung Griechenlands ein Erfolg der Griechen, aber vor allem auch ein Erfolg der Euro-Gruppe. Drei Jahre lang haben die Finanzminister der EU-Währungsgemeinschaft Härte gezeigt und die linkspopulistische Regierung von Premier Alexis Tsipras gezwungen, die Auflagen für die Rettungs-Milliarden zu erfüllen. "Die Maßnahmen zeigen Wirkung", sagte Peter Altmaier. "Das hätten viele nicht gedacht vor drei Jahren."
Bei der nächsten Auszahlung aus dem dritten Hilfspaket für Griechenland, die im Februar fällig wäre, sollte alles glattgehen. "Die Fortschritte in Griechenland sind sehr eindrucksvoll", sagte der Bundesfinanzminister. Das dritte Hilfsprogramm, das ein mögliches Volumen von 86 Milliarden Euro hat, soll planmäßig im August 2018 auslaufen. "Wir haben eine gute Chance, dass wir nicht das ganze Geld brauchen", meinte dazu Altmaier. Er mahnte aber auch, dass ein Ende der Rettungsprogramme natürlich nicht ein Ende der Haushaltsdisziplin in Griechenland bedeuten könne: "Das Gute, was erreicht worden ist, darf man nicht aufs Spiel setzen." Die Bundesregierung erwarte von Griechenland eine Wachstumsstrategie für die kommenden Jahre.
Tsipras will "sauberen Ausstieg" ohne Auflagen
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte seinen Landsleuten versprochen, dass von August an sein Land wieder alleine über die Finanzpolitik bestimmen werde und die Vorgaben aus Brüssel enden. Tsipras will wieder freien Zugang zu den Finanzmärkten. Das Wirtschaftswachstum und die positiven Aussichten belohnte eine Ratingagentur letzte Woche schon mal mit einer Aufwertung. Noch sind die Kosten für eine Refinanzierung der Staatsschulden am freien Markt aber höher als die Kosten für die Kredite aus dem Rettungsprogramm der Eurostaaten.
Um die Erfüllung von Auflagen und Bedingungen werden der griechische Regierungschef und seine Nachfolger nicht herumkommen: Theoretisch wird es noch bis zum Jahr 2060 dauern, bis Griechenland den letzten Kredit beim Eurorettungsschirm (ESM) getilgt haben wird. Über 40 Jahre soll Griechenland einen primären Haushaltsüberschuss erreichen, der groß genug ist, um die Staatsschulden auf ein erträgliches Maß zurückzuführen. Die Schuldenquote liegt derzeit bei 179 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach Meinung von Ökonomen hat Griechenland die Talsohle wohl nun durchschritten, aber für die Menschen im Land wird es noch weitere Jahre der Kürzungen und Sparpolitik geben.
Sparen ist noch nicht vorbei
Einige Maßnahmen, wie zum Beispiel eine weitere Kürzung der staatlichen Renten, werden erst im Jahr 2019 tatsächlich greifen. Theodore Pelagidis von der Denkfabrik "Brookings" meint sogar, die Regierung Tsipras könnte versucht sein, eine Rentenkürzung auf dieses Jahr vorzuziehen, um die notwendigen Überschüsse im Haushalt zu erwirtschaften. Für den Fall sieht der Wirtschaftsexperte Neuwahlen in Griechenland noch in diesem Sommer voraus.
Von 110 geforderten Reformen und Auflagen hat die griechische Regierung derzeit 95 durch das Parlament gebracht. Der Rest soll noch bis Mitte nächsten Monats folgen. Erst wenn auch die letzten Forderungen erfüllt sind, wollen die Finanzminister der Eurogruppe eine Auszahlung von 6,7 Milliarden Euro vornehmen. In Deutschland muss dem auch der Bundestag zustimmen. Bundesfinanzminister Altmaier geht aber davon aus, dass dies nur eine Formsache sein werde.
Schuldenerlass für Wohlverhalten?
Nach der Auszahlung der nächsten Tranche soll eine Diskussion über mögliche Schuldenerleichterungen für Griechenland beginnen, die bis zum August abgeschlossen werden müsste. Premier Tsipras fordert einen Schuldenerlass. Der Internationale Währungsfonds (IWF) tritt laut seiner Chefin, Christine Lagarde, zumindest für Schuldenerleichterungen ein, das heißt Streckung der Laufzeiten, noch niedrigere Zinsen.
Bereits im Frühjahr 2017 hatten sich der IWF und die EU-Finanzminister auf ein Paket von Maßnahmen geeinigt, die greifen sollen, wenn Griechenland wirklich alle Auflagen erfüllt. Allerdings muss der IWF seiner förmlichen Beteiligung an dem auslaufenden Griechenlandprogramm noch zustimmen. Das müsste er auch im Februar machen, denn in Deutschland kann der Bundestag weiteren Auszahlungen nur zustimmen, wenn der IWF mit an Bord ist.
Darauf hatte der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schäuble zusammen mit den Haushaltspolitikern im Parlament immer bestanden. Einen Erlass von Schulden lehnen nicht nur Deutschland, sondern auch weitere Kreditgeber in der Euro-Zone prinzipiell ab. Der IWF sah bislang die Prognosen der Euro-Retter, nach denen sich Griechenland über Jahre hinaus selbst aus den Schulden herausarbeiten kann, als zu optimistisch an.
Faule Kredite drücken die Banken
Ein weiteres großes Problem bleibt die prekäre Situation der vier großen Banken in Griechenland. Sie leben immer noch von Notkrediten der griechischen Zentralbank, die wiederum von der Europäischen Zentralbank gefüttert wird. Die Banken sitzen auf einem Berg von faulen Krediten, die von den Kreditnehmern nicht mehr getilgt werden. Der Betrag dürfte nach Schätzungen inzwischen 100 Milliarden Euro erreicht haben. Diese "non performing loans " (NPL) sollen möglichst zügig zurückgeführt werden.
Die Europäische Zentralbank hat den griechischen Banken vorgegeben, bis Ende 2019 rund 40 Prozent dieser NPL loszuwerden. Bislang liegen die Banken im Plan, meint der Chef des griechischen Bankenverbandes, Nikolaos Karamouzis. "Wenn die Wirtschaft weiter wächst, die Zinsen sinken und Unsicherheiten verschwinden, können wir den Prozess sogar beschleunigen", so Karamouzis. Erst wenn die Banken wieder gesund sind, können sie die griechischen Unternehmen mit den nötigen neuen Krediten versorgen. Die Europäische Zentralbank hat einen Stresstest für die vier griechischen Banken vorgezogen. Im Mai sollen die Ergebnisse vorliegen.
Stimmung besser
Bei allen Problemen gebe es jetzt mit der griechischen Regierung, die vor drei Jahren mit radikalen Ideen angetreten war, eine ganz gute Zusammenarbeit, meint ein EU-Beamter, der ungenannt bleiben will. "Alexis Tsipras setzt genau das um, was er als Oppositionsführer noch bekämpft hat", so der Beamte. Im Juni 2015 stand Griechenland ganz kurz vor der Staatspleite. Erst nach massivem Druck der EU und dem Abgang des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis beruhigte sich die Lage und die Wirtschaft erholte sich langsam.
Ein viertes Hilfsprogramm brauche man nicht, meinte Bundesfinanzminister Peter Altmaier: "Darüber wird nicht diskutiert." Noch vor einem Jahr hatten die EU-Beamten in Brüssel dazu eine ganz andere Meinung. Damals war noch jeder Besuch der Kontrolleure ein Drama. Inzwischen wächst die Wirtschaft und das Defizit geht zurück. Im August wird Kassensturz gemacht.