Hoffnung auf Veränderung im Land der Ayatollahs?
2. April 2013Im Iran herrscht große Unklarheit über die politische Zukunft des Landes. Die konservativen Kräfte, die den Gottesstaat regieren, sind untereinander zerstritten. Kaum eine Woche vergeht, in der die Lager des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und der traditionalistischen Konservativen um Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Chamenei keine politischen Kämpfe austragen.
Chamenei beabsichtigt, die Macht zu monopolisieren. Dem widersetzt sich Ahmadinedschad. Damit steigen die Chancen für diejenigen, die von vielen bereits abgeschrieben wurden: die iranischen Reformer.
Die Grüne Bewegung
Unter der Flagge der "Grünen Bewegung", die die Protestaktionen nach den Präsidentschaftswahlen 2009 gegen den Wahlgewinner Ahmadinedschad organisiert hatte, haben sich die Reformkräfte im Iran versammelt. Die führenden Figuren sind der ehemalige Parlamentspräsident Mehdi Karrubi und der letzte Premierminister Mir Hossein Mussawi. Das Amt des Premiers wurde 1989 offiziell abgeschafft.
Nach offiziellen Angaben wurde 2009 Präsident Ahmadinedschad in seinem Amt bestätigt. Für viele Iraner sollen die Konservativen einen massiven Wahlbetrug begangen haben. In der Folge zogen Hunderttausende auf die Straße. Ihr Ruf: "Wo ist meine Stimme?"
Der Volksaufstand wurde von der Polizei zum Teil mit Waffengewalt niedergeschlagen. Er dauerte nur ein halbes Jahr. Oppositionsführer Mussawi und Karrubi wurden unter Hausarrest gestellt; die zwei größten Reformparteien (die Partizipationsfront des islamischen Iran und die Organisation der Mudschahidin der Islamischen Revolution) verboten.
Stagnation und Sanktionen
Eine Vielzahl von Oppositionspolitikern, Aktivisten, Bloggern und Journalisten wurden im Schnellverfahren verurteilt und sitzt seitdem in Gefängnissen. Gleichzeitig hat sich die wirtschaftliche Situation des Iran aufgrund internationaler Sanktionen und der Misswirtschaft im Lande drastisch verschlechtert. Den Menschen im Iran stehen vor massiven Problemen. "Ich war tief bedrückt, als ich die Stadt und die Menschen sah. Selbst im Gefängnis leben wir freier", sagt die inhaftierte Journalistin Mahsa Amrabadi einer Oppositionszeitung, kurz bevor sie nach einem kurzen Hafturlaub ins berüchtigte Evin-Gefängnis zurückkehren musste.
Vor diesem sozialen Hintergrund plant die Reformbewegung, an den Wahlen im Juni teilzunehmen. Ihr Wahlprogramm soll lauten: "Regierung der Hoffnung, des Vertrauens und der Stabilität".
Zerstrittene Reformer
Der Favorit der Reformer ist der Vorgänger Ahmadinedschads, Mohammad Chatami. Jüngst veröffentlichten 91 Politiker, Aktivisten und Familienangehörige von inhaftierten Oppositionellen einen offenen Brief, in dem sie Chatami aufforderten, sich als Spitzenkandidat aufstellen zu lassen. Die Unterstützung ist sogar aus dem Ervin-Gefängnis zu vernehmen. Der Reformpolitiker Mostafa Tajzadeh, der seit 2009 dort inhaftiert ist, ist von einem Sieg Chatamis fest überzeugt. "Alle Meinungsumfragen deuten darauf hin, dass Chatami bei den Wahlen einen Erdrutschsieg erringen wird."
Doch nicht alle Reformanhänger wollen an den Wahlen teilnehmen. Ein Teil von ihnen - besonders viele, die nach den Ereignissen 2009 dem Land den Rücken gekehrt haben - vertritt die Position, dass die Teilnahme "der Diktatur Legitimation verleihen würde". Vor allem, weil auch in diesem Jahr Wahlmanipulationen zu befürchten sind. "An manipulierten Wahlen darf man nicht teilnehmen", sagt Ardeshir Amir Arjomand. Er hatte früher den Oppositionsführer Mussawi beraten. Der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung sagt er: "Solange der religiöse Führer Chamenei seine Politik nicht ändert, solange er freie Wahlen verhindert, machen Wahlen keinen Sinn!"
Wahlteilnahme noch ungewiss
Noch ist unklar, ob Chatami oder ein anderer Reformkandidat überhaupt zur Wahl zugelassen wird. Die Konservativen sehen in der Opposition "den Feind des vorherrschenden Systems". Das letzte Wort über die Zulassung spricht der Wächterrat, der die Kandidaten auf ihre Eignung prüft. Noch schweigt das zwölfköpfige Gremium, das aus sechs Geistlichen und sechs Juristen besteht. 2009 waren lediglich vier von 475 Bewerbern zu den Präsidentschaftswahlen zugelassen worden. Kandidatinnen lehnt der Wächterrat kategorisch ab. Viele Mitglieder im Wächterrat gelten als konservativ. Vermutlich spricht auch der geistliche Führer Chamenei das letzte Wort.
Scott Lucas, Iran-Experte der britischen Universität Birmingham, glaubt nicht, dass alle Reformkandidaten ausgeschlossen werden. Das Regime brauche nämlich Reformer für den Wahlzettel, um sich einen "Anstrich von Legitimität" zu geben. Im Gespräch mit der DW sagt Lucas: "Aber es will den richtigen Kandidaten siegen sehen und dieser dürfte kein Reformer sein."
Comeback nicht ausgeschlossen
Selbst wenn ein Reformer die Präsidentschaftswahlen gewinnen sollte, könnte das dem geistlichen Führer Chamenei durchaus gelegen kommen. Der mögliche Spitzenkandidat der Reformer Chamati ist bei den Iranern sehr populär. Er kann dem wirtschaftlich angeschlagenen Gottesstaat neues Leben einhauchen und den internationalen Druck auf den Iran verringern. Schon in der Vergangenheit hatte er gezeigt, dass er im Gegensatz zu Ahmadinedschad weniger auf eine Konfrontation, sondern mehr auf einen Dialog mit dem Westen setzt.