Hoffnung für illegale Einwanderer in den USA
28. März 2006Mit diesem radikalen Gesetzesvorschlag preschte der Justizausschuss im US-Senat am Montagabend (27.3.) gegen den Widerstand zahlreicher Republikaner vor. Die Senatoren verabschiedeten den Entwurf unter dem Eindruck der Demonstrationen hunderttausender Menschen gegen eine Verschärfung der Einwanderungsgesetze mit elf zu sechs Stimmen.
"Was wird ohne uns aus Amerika?"
Am Wochenende waren mehr als eine halbe Million Menschen durch Los Angeles gezogen. Nach Angaben der "Los Angeles Times" handelte es sich um einen der größten Protestmärsche in der Geschichte der Stadt. Die Demonstranten trugen Plakate mit Aufschriften wie "Wir sind keine Kriminellen, wir sind Menschen" und "Was wird ohne uns aus Amerika?"
Die vielen Einwanderer hatten allen Grund zu Demonstrationen, denn das Repräsentantenhaus hatte im Dezember vorgeschlagen, die Einwanderungsgesetze zu verschärfen. Der Entwurf sah einen rund 1.100 Kilometer langen Zauns entlang der Grenze zwischen den USA und Mexiko vor. Außerdem sollten Einwanderer ohne gültige Papiere als Kriminelle betrachtet und im Krankheitsfall nicht mehr behandelt werden. Menschen, die illegal Eingewanderten helfen, hätten bis zu fünf Jahre Haft gedroht, und Arbeitgeber, die Illegale beschäftigen, hätten mit höheren Geldstrafen rechnen müssen.
Chance auf US-Staatsbürgerschaft
Der Senatsausschuss hat diese Vorschläge nun abgeschwächt. Demnach sollen sich die illegalen Einwanderer registrieren lassen, eine Strafe und rückwirkend Steuern zahlen, Englisch lernen und nach elf Jahren eine Chance auf Einbürgerung bekommen. Kritiker halten dies für eine unfaire Amnestie, die illegales Verhalten billigt.
Doch noch ist der Entwurf nicht Gesetz. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Bill Frist, äußerte sich nach der Abstimmung sehr skeptisch, dass das Gesetz in dieser Form eine Chance hat. Die Gesetzesreform tritt erst in Kraft, wenn beide Versionen aus Repräsentantenhaus und Senat harmonisiert sind.
George W. Bush will Gastarbeiterprogramm
US-Präsident George W. Bush dürfte die Entscheidung des Senatsausschusses begrüßen. Er wirbt dafür, die Lage der illegalen Einwanderer zu verbessern. Bushs so genanntes "Gastarbeiterprogramm" sieht vor, ihnen für sechs Jahre eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen, wenn ihr Arbeitgeber nachweist, dass er keinen US-Bürger für die Stelle finden konnte.
Das Repräsentantenhaus hatte das Gastarbeiterprogramm bereits abgelehnt, der Justizausschuss im Senat untersützte es nun. Danach könnten jedes Jahr 400.000 Ausländer Arbeitsvisa erhalten. Auch sie sollen später die Staatsbürgerschaft beantragen können. Wer allerdings in der Zeit mehr als sechs Monate ohne Arbeit ist, soll in seine Heimat abgeschoben werden.
Wirtschaftliches Interesse an Einwanderern
Vor der Abstimmung im Senat hatte Bush am Montag (27.3.) erneut für seinen Vorschlag geworben: "Einwanderer haben unsere Geschichte bereichert und unsere Kultur vitalisiert. Amerika ist stärker und dynamischer, wenn wir Einwanderer willkommen heißen", sagte Bush bei einer Einbürgerungsfeier von 30 Neu-Amerikanern aus 20 Ländern in Washington.
Dahinter stecken auch wirtschaftliche Interessen: Nur mit Gastarbeitern könnten die Bedürfnisse der US-Unternehmen erfüllt werden, so Bush. Viele illegale Einwanderer arbeiteten auf Bauernhöfen und auf dem Bau zu Löhnen, die Amerikaner nicht akzeptieren würden. Nach einer Untersuchung des "Pew Hispanic Research Center" machen Illegale etwa ein Viertel der Arbeiter in der Landwirtschaft, 17 Prozent im Putz- und Reinigungsbereich und 14 Prozent auf dem Bau aus.
Heißes Wahlkampfthema
Die Einwanderer-Frage stellt wenige Monate vor den Kongresswahlen besonders für die Republikaner eine Zwickmühle dar. Im November werden das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Die Republikaner haben gegenwärtig in beiden Kammern eine Mehrheit.
Das Gastarbeiterprogramm könnte ihnen in Bundesstaaten wie Arizona, New Mexico und Florida wichtige Stimmen der Wähler aus dem spanisch-mexikanischen Kulturkreis - den Hispanics - sichern. Nicht nur die hispanischstämmigen Einwanderer sind für das Programm. Auch große Teile der Unternehmerschaft, vor allem in den Billiglohn-Branchen Landwirtschaft, Bau und Reinigung, sind für die Neuregelung. Dagegen sehen sich besonders einige konservative Republikaner mit wütenden Wählern konfrontiert, die die illegale Einwanderung als eine Belastung für Schulen und das Gesundheitssystem sehen.