Hohe Erwartungen an UN-Gipfel
13. September 2005Etwa 180 Staats- und Regierungschefs treffen sich ab Dienstag (13.9.2005) zum so genannten Welt- oder Millenium+5-Gipfel. In drei Tagen soll eine Agenda abgearbeitet werden, die alle drängenden Probleme der Menschheit umfasst: die Bekämpfung von Armut und Schulden, den Schutz der Umwelt und des Klimas, den Kampf gegen den Terrorismus und gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die Stärkung von Demokratie und Menschenrechten - und auch um die Reform der UNO selbst.
"Millennium+5"-Gipfel wird der Gipfel genannt, weil überprüft werden soll, wie weit die Staaten bei der Umsetzung der Millenniums-Erklärung der UNO aus dem Jahr 2000 vorangekommen sind. Darin waren unter anderem die Ziele gesteckt worden, bis 2015 den Hunger und die extreme Armut zu halbieren, allen Kindern die Grundschulbildung zu sichern, die Kindersterblichkeit um zwei Drittel zu reduzieren sowie HIV/Aids, Malaria und andere Epidemien zum Rückzug zu zwingen.
Jubiläum der UNO
Auch grundsätzliche Vorgaben für die UN-Reform wurden damals bereits getroffen. Das 60-jährige Jubiläum der Vereinten Nationen in diesem Jahr soll nun, zumindest wenn es nach den Wünschen des Generalsekretärs geht, durch ein kraftvolles Gipfeldokument gekrönt werden, das entschlossene Antworten auf die globalen Herausforderungen findet und der UNO selbst neues Leben einflößt.
Doch zahlreiche verbissene Streitereien im Vorfeld des Gipfels könnten die Erreichung der Ziele in weite Ferne rücken lassen. Zum einen ist die UNO selbst durch die Zerwürfnisse um den Irak-Krieg und zuletzt den Korruptionsskandal beim Irak-Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" ohnehin schwer angeschlagen. Obwohl sich praktisch alle Staaten einig sind, dass die Weltorganisation dringend reformiert werden muss, wurde die überfällige Umstrukturierung mangels Einigungschancen schon vorsorglich vertagt.
Streit vor Beginn der Konferenz
Aber auch andere Fragen erzeugten derart viel Streit, dass der Entwurf für die Abschlusserklärung bis kurz vor Gipfelbeginn vor eckigen Klammern wimmelte - sie markieren die ungeklärten Formulierungen. So wird etwa bis zur letzten Minute um die Vorgaben für die Höhe der Entwicklungshilfe, die Definition von Terrorismus oder die Kriterien für die Intervention bei Völkermord gestritten. Er habe erwartet, dass sich die Mitgliedstaaten "wirklich viel schneller bewegen und viel konzentrierter und geschäftsmäßiger" vorgehen würden, sagte ein frustriert klingender Annan kürzlich dem britischen Sender BBC. Besonders verärgert zeigte er sich über den neuen US-Botschafter John Bolton, der erst vor wenigen Wochen eine Liste von 750 Änderungsvorschlägen vorgelegt hatte.
Bolton will etwa verhindern, dass der Begriff "Millenniums-Entwicklungsziele" Eingang in das Gipfeldokument findet. Sein Argument: Vielfach werde darunter nicht nur die Millenniums-Erklärung von 2000 verstanden, der Begriff stehe auch für weitergehende Vorgaben, die Annan ein Jahr danach getroffen hatte - darunter das Ziel, die staatliche Entwicklungshilfe auf einen Anteil von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu steigern. Während die EU sich festgelegt hat, die 0,7-Prozent-Marke bis 2015 zu erreichen, verweigern sich die USA dieser Zielvorgabe.
Langsamer Fortschritt
Derzeit verhandeln Diplomaten in New York weiter über die Abschlusserklärung des Spitzentreffens, das bis zum Freitag am Sitz der UNO stattfindet. "Es gibt Fortschritte, aber es geht sehr langsam", sagte der deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger am Wochenende der Nachrichtenagentur AFP. Die Bundesregierung wird bei dem Gipfel durch Außenminister Joschka Fischer und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul vertreten sein. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat unter Hinweis auf die Bundestagswahl abgesagt. (mik)