Homosexuelle sollen entschädigt werden
22. März 2017Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin beschlossen. "Die Rehabilitierung der Männer, die allein wegen ihrer Homosexualität vor Gericht standen, ist überfällig", kommentierte Bundesjustizminister Maas die Novelle, die im nächsten Schritt an den Bundestag weitergeleitet wird. "Nur wegen ihrer Liebe zu Männern, wegen ihrer sexuellen Identität, wurden sie vom deutschen Staat verfolgt, bestraft und geächtet." Die alten Urteile seien aus heutiger Sicht "eklatantes Unrecht".
Maas hatte den Gesetzentwurf bereits im Herbst vergangenen Jahres vorgelegt, wegen Abstimmungsbedarfs mit der Unionsseite hatte sich aber die Kabinettsbefassung verzögert. Der Gesetzentwurf sieht eine pauschale Aufhebung strafrechtlicher Verurteilungen von Personen vor, die nach dem 8. Mai 1945 in der heutigen Bundesrepublik wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilt wurden. Ausgenommen sind Verurteilungen wegen homosexueller Handlungen mit Kindern sowie Handlungen unter Zwang, Nötigung oder mit Gewaltandrohungen.
Pauschalbeträge für Opfer
Die noch lebenden Betroffenen sollen auch entschädigt werden. Vorgesehen sind Pauschalbeträge aus dem Bundeshaushalt von je 3000 Euro pro aufgehobener Verurteilung plus 1500 Euro je angefangenem Jahr Haft. Zusätzlich soll als Kollektiventschädigung die "Bundesstiftung Magnus Hirschfeld", von der die Einzelschicksale der Homosexuellen aufgearbeitet werden, jährlich 500.000 Euro als Zuschuss erhalten.
Die rechtspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion Elisabeth Winkelmeier-Becker nannte die Rehabilitierung der Betroffenen "ein wichtiges moralisches, politisches und gesellschaftliches Anliegen". "Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Gesetzentwurf noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode abgeschlossen wird", betonte Winkelmeier-Becker.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes lobte, dass es endlich Gerechtigkeit für die Betroffenen gebe. Nun müsse der Bundestag das Gesetz rasch auf den Weg bringen.
Homosexuelle Handlungen unter Männern waren unter wechselnden Tatbestandsvoraussetzungen bis 1994 strafbar. Bis zur Entschärfung des Paragrafen 1969 wurden nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle schätzungsweise rund 50.000 Männer zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, danach etwa 3500. Der frühere Paragraf 175 im Strafgesetzbuch galt seit der Kaiserzeit. In verschärfter Fassung bildete er die Grundlage für die Verfolgung und Ermordung Homosexueller in der NS-Zeit. Erst 1994 wurde Homosexualität als Straftatbestand komplett abgeschafft. Die DDR hatte dies bereits 1968 vollzogen.
cgn/stu (afp, dpa, epd, kna)