Wieder Festnahmen bei Massendemo in Minsk
13. September 2020Auch in anderen Städten des Landes gab es Demonstrationen und Kundgebungen. Das Innenministerium teilte mit, die Festgenommenen seien wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Massenveranstaltung und wegen des Tragens unerlaubter Symbole in Gewahrsam gekommen.
Wie Deutsche Welle-Korrespondent Nick Connolly berichtet, hatte es in den vergangenen Tagen Drohungen gegeben, dass jegliche Teilnahme an ungenehmigten Aktionen strafbar sei. Eltern würden für die Protestaktivitäten ihrer heranwachsenden Kinder zur Verantwortung gezogen.
Polizei filmt Demo-Teilnehmer
Connolly berichtet zudem von Zivilbeamten, die die Ereignisse filmen, so dass Demo-Teilnehmer identifiziert und Tage später noch belangt werden. Viele der Teilnehmer am Sonntag hatten wieder die historische weiß-rot-weiße Flagge von Belarus bei sich, die mittlerweile zu einem Emblem der Demokratiebewegung geworden ist.
In der Hauptstadt Minsk hatte ein Großaufgebot von Polizei und Armee Stellung bezogen. Das mobile Internet war abgeschaltet, damit sich die Protestierenden nicht über die Demonstrationsroute verständigen konnten.
Hauptstadt gleicht einer Festung
Metrostationen und Unterführungen waren gesperrt. Der Platz der Unabhängigkeit war von Uniformierten umstellt und mit Metallgittern abgeriegelt, wie Korrespondenten berichteten. Am Palast der Republik im Stadtzentrum zogen Ordnungskräfte auch Stacheldraht an den Metallgittern auf. In vielen Seitenstraßen standen Gefangenentransporter und Sicherheitskräfte.
Laut Connolly war die Innenstadt so gut wie abgesperrt, so dass sich die Kundgebung in die Außenbezirke der Hauptstadt verlagerte:
Es war die fünfte große Sonntagsdemonstration seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August. Die Demokratiebewegung hatte dieses Mal zu einem "Marsch der Helden" aufgerufen, der auch der inhaftierten Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa gewidmet sein sollte.
Seit der Wahl kommt es täglich im ganzen Land zu Protestaktionen gegen den seit 26 Jahren mit eiserner Hand regierenden Präsidenten. Kritiker werfen ihm Wahlfälschung vor und fordern Neuwahlen. Dabei lassen sie sich auch von dem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte nicht abschrecken.
Russische Verbündete
Der 66-jährige Lukaschenko hatte zuletzt die Spitze des Sicherheitsapparats ausgewechselt und ein härteres Durchgreifen gegen die Demonstranten gefordert. Er hat auch mehrfach deutlich gemacht, dass er an einen freiwilligen Rücktritt nicht denkt.
Vielmehr setzt er auf die Hilfe seiner russischen Verbündeten, um an der Macht zu bleiben. Kreml-Chef Wladimir Putin hat ihm bereits militärische Unterstützung zugesagt, sollte sich die Lage weiter zuspitzen. Am Montag trifft sich Lukaschenko mit Putin im russischen Sotschi.
uh/haz (dpa, afp, rtr)