Hunderte neue Vergiftungsfälle an Mädchenschulen im Iran
2. März 2023An Mädchenschulen im Iran sind Hunderte neue Fälle ungeklärter Vergiftungen gemeldet worden. Wie die Zeitung "Shargh" berichtete, sind allein in der nordiranischen Stadt Ardabil mehr als 400 Schülerinnen an elf Schulen betroffen. Die Mädchen klagen vor allem über Schwindel, Übelkeit und Atemnot. Knapp 100 Mädchen werden im Krankenhaus behandelt, in einigen Fällen soll der Gesundheitszustand kritisch sein. An Dutzenden Schulen in anderen Landesteilen wurden ähnliche Fälle gemeldet.
Soll Schulbildung von Mädchen vereitelt werden?
Die jüngste Vergiftungswelle an Mädchenschulen versetzt das Land in Aufregung. Eltern sind besorgt und wütend, immer noch gibt es keine konkrete Erklärung der Regierung. Die Behörden gehen jedoch längst von gezielten Giftanschlägen aus, um die Mädchen von der Schulbildung auszuschließen.
Die ersten Fälle wurden bereits Ende November gemeldet, als die Proteste im Iran im vollen Gange waren. Waren zunächst nur einige Mädchenschulen in der schiitischen Hochburg Ghom betroffen, wurden in den vergangenen Tagen immer mehr Fälle in anderen Landesteilen bekannt. Inzwischen erreichte die Vergiftungswelle auch die Hauptstadt Teheran.
Bislang mussten nach Angaben eines iranischen Abgeordneten knapp 1200 Schülerinnen mit Atemnot ärztlich behandelt werden, davon 800 alleine durch Vergiftungen in Ghom. Die Substanzen, die dort gegen die Mädchen eingesetzt wurden, enthielten offenbar Spuren von Stickstoff.
Nun auch Präsident Ebrahim Raisi alarmiert
Nachdem sich zunächst das iranische Gesundheitsministerium mit den Fällen befasst hatte, schaltete sich am Mittwoch auch der erzkonservative Präsident Ebrahim Raisi ein. Über seine Website gab er bekannt, dass Innenminister Ahmad Vahidi von nun an fortlaufend über den Ermittlungsstand zu den mysteriösen Vorfällen informieren werde. Er habe Vahidi damit betraut, "um die Ängste der Angehörigen zu besänftigen", hieß es.
Seit Monaten steht Raisis Regierung neben der klerikalen Führung im Land unter Druck. Die Proteste im vergangenen Herbst hatten die politische Führung in die schwerste Krise seit Jahrzehnten gestürzt, auch die schwierige Wirtschaftslage bereitet vielen große Sorgen.
sti/pg (afp, dpa)