Türkei: Hungerstreikender Lehrer aus Haft entlassen
20. Oktober 2017Wie Özakcas Anwälte der Nachrichtenagentur AFP sagten, wird ihr Mandant eine elektronische Fußfessel tragen müssen. Er dürfe seine Wohnung nur zur medizinischen Behandlung und für Gerichtsanhörungen verlassen. Die nächste Sitzung sei für den 17. November angesetzt worden.
Bei ersten Anhörungen im September hatte das Gericht in Ankara noch gegen die Freilassung von Semih Özakca entschieden. Bei der letzten Anhörung hatte der Grundschullehrer in seiner Verteidigung die Vorwürfe als "politisch" zurückgewiesen.
Die mitinhaftierte Literaturdozentin Nuriye Gülmen, die ebenfalls im Hungerstreik ist, muss dagegen im Gefängnis bleiben, wie das Gericht laut Özakcas Anwälten entschied.
Festnahme wegen angeblicher "Mitgliedschaft in einer Terrororganisation"
Gülmen und Özakca sind in der Türkei zum Symbol des Protests gegen die Massenentlassungen geworden, die seit dem gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 mehr als 140.000 Staatsangestellte ihren Job gekostet haben.
Sie hatten zunächst über Monate auf einem Platz in Ankara gegen ihre Entlassung protestiert, bevor sie am 9. März in den Hungerstreik traten.
Im Mai nahm die Justiz sie unter dem Vorwurf in Untersuchungshaft, zur verbotenen DHKP-C zu gehören. Die linksextreme Gruppierung verübt sporadisch Anschläge in der Türkei. Gülmen und Özakca weisen die Vorwürfe zurück und werfen der Justiz vor, sie durch das Verfahren zum Schweigen bringen zu wollen. Vor Prozessbeginn wurden mehrere Anwälte Gülmens festgenommen.
33 Kilogramm in 220 Tagen
Laut ihren Angehörigen haben Gülmen und Özakca seit Beginn des Hungerstreiks im März 18 und 33 Kilogramm verloren. Demnach nehmen sie nur gezuckertes und gesalzenes Wasser, Kräutertee und Vitamin B1 zu sich.
Gülmen war zwischenzeitlich gegen ihren Willen vom Gefängniskrankenhaus auf die Intensivstation des staatlichen Krankenhauses in Ankara verlegt worden.
Der Protest der Akademiker hat zu einer breiten Solidarisierung geführt, aber viele Unterstützer drängen sie, durch den Hungerstreik nicht ihr Leben aufs Spiel zu setzen.
ie/uh (afp, dpa)