Hängepartie bei Wahlen in Albanien
26. April 2021Der äußerst knappe Ausgang des Ringens um die 140 Mandate erfordere es, die Auszählung der Stimmen durch die Zentrale Wahlkommission in Tirana abzuwarten, hieß es in Medienberichten. Dies könne bis Dienstag dauern, teilte die Wahlkommission mit. Erste Teilergebnisse und Wahltagsbefragungen erlaubten noch keine wirklichen Rückschlüsse.
Als sicher galt lediglich, dass die Sozialistische Partei (PS) von Ministerpräsident Edi Rama erneut stimmstärkste Kraft wurde. Ob dies aber ausreichen wird, dass Rama eine dritte Amtszeit in Folge antreten kann, war zunächst nicht klar. Am Montagmorgen veröffentlichte die Wahlkommission den Stand nach Auszählung von 27 Prozent der Wahllokale. Demnach kam die PS auf knapp 50 Prozent der Stimmen, die oppositionelle Demokratische Partei (PD) auf 39 Prozent. Die mit der PD verbündete Sozialistische Bewegung für Integration (LSI) hätte demnach sieben Prozent der Wähler hinter sich.
Wunsch vieler Wähler ist ein Ende der weit verbreiteten Korruption. Albanien nimmt im Korruptionsindex von Transparency Internationel (TI) den 104. Platz von 180 ein. Je höher der Wert ist, umso korrupter ist nach TI-Angaben das Land.
Schießerei mit Todesopfer am Wahltag
Vor der Wahl war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Am Mittwoch wurde ein Anhänger der Sozialisten bei einer Schießerei vor einem Büro der Demokratischen Partei getötet. Vier Menschen wurden verletzt.
Albanien ist politisch tief gespalten. Die verfeindeten Lager sprechen einander die Daseinsberechtigung ab. Die Opposition wirft Rama Wahlbetrug, Korruption und Verstrickung in die Kriminalität vor. Sie boykottiert seit mehr als zwei Jahren das Parlament.
Die Teilnahme der Opposition an der Parlamentswahl verdankt sich einem seltenen Kompromiss zwischen den beiden Lagern, der zu einer Reform des Wahlrechts führte. Diese soll durch den Einsatz von Techniken wie der biometrischen Wähleridentifizierung dafür sorgen, dass Wahlbetrug und Stimmenkauf zurückgedrängt werden. Bei den Verhandlungen hatten Diplomaten der EU und der USA intensiv vermittelt.
Parteien legen keine Wahlprogramme vor
Albanien war bis Anfang der 1990er Jahre eine stalinistische Diktatur. Seitdem hat sich das Land grundlegend verändert, pluralistische und marktwirtschaftliche Verhältnisse hielten Einzug. 2009 trat das Land der NATO bei. Für den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen erteilten die Staats- und Regierungschefs der Union im Vorjahr grünes Licht.
Zugleich erschweren eine ineffiziente Verwaltung, Korruption und eine hohe Abwanderung das Leben der Bürger. Rama, der immer wieder Verbesserungen verspricht, neigt zu einem autoritären Regierungsstil. Wahlprogramme legten weder seine Sozialisten noch die Oppositionsparteien vor.
fab/nob/hf (dpa, rtr, ap)