Bittere Opferbilanz
1. April 2008Auch die jüngsten Kämpfe in den Schiiten-Städten im Süden haben zu den blutigen Bilanzen der Bagdader Ministerien für Verteidigung und für Inneres beigetragen. Allein dabei sollen demnach mehr als 460 Menschen getötet und mehr als 1000 verletzt worden sein. Aber auch schon im Februar hatte die Zahl der Todesopfer um ein Drittel zugenommen.
Die tagelange Schlacht um die Vorherrschaft in der Ölmetropole Basra, die massiven Konfrontationen in Bagdad, bis zu 500 Tote binnen einer Woche, der ungelöste Konflikt um die kurdischen PKK-Rebellen im Norden: Die Eskalation im Irak zeigt klar, wie zerrissen das Land nach wie vor ist. Die Erklärung der Regierung unter Ministerpräsident Nuri Al-Maliki, noch diese Woche könne die Offensive gegen die schiitischen Milizen beendet werden, schien wenig glaubhaft. Ebenso die Darstellung des US-Präsidenten George W. Bush, dass sich die Lage deutlich stabilisiert habe.
Fraktionen der schiitischen Mehrheit ringen um die Macht
Zunächst hatte es tatsächlich nach einer erfolgreichen Strategie gegen die Extremisten ausgesehen. Die Gewalt war zurückgegangen, nachdem die USA im Sommer zusätzliche 30.000 Soldaten zur Aufstandsbekämpfung ins Land gebracht hatten. Anhänger des sunnitischen Widerstands hatten der Gewalt abgeschworen und sich bereit erklärt, mit Regierung und US-Truppen zu kooperieren.
Innerhalb des schiitischen Lagers gingen die Machtkämpfe jedoch unvermindert weiter. Der jüngste Waffenstillstand der Mahdi-Armee des Schiitenpredigers Muktada al-Sadr könnte nach Meinung von Beobachtern erneut zu deren Reorganisation genutzt werden. Auch die US-Truppen hatten es 2004 in einer umfangreichen Militäroperation nicht geschafft, die Milizen zu zerschlagen.
Al-Sadr lobte jetzt in einem Brief an seine schätzungsweise 60.000 Kämpfer deren "geduldigen und aufopferungsbereiten Einsatz zur Verteidigung des Irak". Er verfügt besonders im Süden über eine große Gefolgschaft.
Ärmere Bevölkerungsschichten fühlen sich von ihm besser vertreten als von der US-gestützten Regierung in Bagdad. Experten auch in Washington sehen Ministerpräsident Al-Maliki deshalb nicht nur militärisch in einer Bewährungsprobe. Vermisst wird vor allem auch eine eigene politische Konzeption als Alternative zu den radikalen Islamisten. (sc)