Höhe 80: Archäologie im Schützengraben
Die Dörfer und Hügel rund um Ypern in Belgien gehörten zu den umkämpftesten im Ersten Weltkrieg. Die Stellung Höhe 80 in Wijtschate ist jetzt freigelegt worden - dank Crowdfunding. Ein Tag auf dem Grabungsfeld.
Dig Hill 80! - Graben Sie Höhe 80 mit uns aus!
Ein "Pompeji des Ersten Weltkriegs" verberge sich in Höhe 80, einem strategisch wichtigen deutschen Bollwerk des Erstem Weltkriegs in Flandern - davon war der belgische Archäologe Simon Verdegem überzeugt. Darum galt es, den Bau der hier geplanten Wohnsiedlung aufzuschieben. Der Bauunternehmer ließ sich darauf ein. Für die Grabungskosten hat das Team 200.000 Euro über Crowdfunding aufgebracht.
Ergiebige Ausbeute
Das Team Dig Hill 80 (Ausgrabung Höhe 80) umfasst auch ehrenamtliche Helfer - Belgier, Briten, Deutsche und andere. Der Boden hält die erhofften reichhaltigen Funde bereit: Zu den typischen Artefakten gehören beispielsweise eine Wasserflasche mit Einschussloch, die Überreste eines britischen Gewehrmagazins, verrottetes Leder (vermutlich von einem Stiefel) und die Reste einer Granate.
Wo Soldaten 1914 die ersten Gräben aushoben
Wijtschate nahe Ypern in Flandern ist nicht weit von der Nordsee entfernt. Ypern zu halten, war für die Briten militärisch entscheidend - sowohl, um den Vorstoß der Deutschen auf Paris zu stoppen als auch, um die Häfen am Ärmelkanal und den Nachschub an Soldaten zu sichern. Die deutschen Truppen saßen fest - im Stellungskrieg mussten die Soldaten Schützengräben anlegen, mit Spaten wie diesem.
Eroberung mit schweren Verlusten: Höhe 80
Während die Briten sich auf Ypern konzentrierten, nahmen die Deutschen den umgebenden Bergrücken ein. Die Stellung Höhe 80 hieß so, weil sie rund 80 Meter über dem Meeresspiegel lag. Das mag flach klingen - aber in der Ebene Flanderns ermöglichte Höhe 80 Beobachtern und Artillerie-Leitsystemen einen guten Blick auf das acht Kilometer entfernte Ypern.
Reichlich Munition - manchmal noch scharf
Innerhalb weniger Monate hatte das Artilleriefeuer Wijtschate zerstört. Unterirdische Gräben überlebten die Explosionen besser. Erfinderische bayerische Soldaten hatten ihr Tunnelnetzwerk mit den Kellern existierender Gebäude verbunden. Die Keller nutzten sie noch, als oberirdisch schon nichts mehr stand. Die Briten gruben ihrerseits Minenschächte - einige enthalten noch heute scharfe Bomben.
Persönliche Habseligkeiten - und 130 Tote
Gut erkennen lässt sich der Lederriemen an diesem Helm. Er hat vermutlich einem der über 130 Gefallenen gehört, deren Überreste das Team gefunden hat. Das bestätigt den Verdacht, dass viele Tote nicht hinter die Front gebracht wurden - das war in den ersten Wochen des Grabenkrieges schlicht noch nicht organisiert. Soldaten und Offiziere hatten das Ausmaß des Gemetzels noch nicht erfasst.
Das weiße Zelt und die Massengräber
Aus Respekt für die Toten und ihre Angehörigen dürfen Besucher die sterblichen Überreste nicht fotografieren. Dieses Zelt schützt die Archäologen nicht nur vor der Sonne - hier untersuchen sie auch die Skelettteile, die sie in zwei Massengräbern gefunden haben. "Viele Menschen sind nicht gerne lange in diesem Zelt", weiß Nathan Howarth, ein Freiwilliger des Teams und selber britischer Soldat.
Kein Risiko eingehen - der Minenstab
"Oh, Sie haben den Minenstab entdeckt!" Den was? Nathan Howarth erklärt den verwunderten Besuchern, auf was sie gestoßen sind: An dem Stab hängt ein Walkie-Talkie, mit dem die Archäologen die Experten vom Kampfmittelräumdienst rufen, falls sie auf eine nicht entschärfte Mine stoßen. Für alle zugänglich steckt der Minenstab in der Mitte des Grabungsfeldes.
Historischer Sandsack
Ein extrem seltener Fund ist dieser Sandsack, der vermutlich ein Jahrhundert lang kein Tageslicht gesehen hat. Sand und Sackleinen sind nicht der Stoff, der sich zwischen Erde und Wasser gut hält. Vermutlich überlebte dieses Exemplar, weil die Holzverstärkung des Schützengrabens auf dem Sack lag, sagt Peter Doyle, britischer Militärhistoriker und Förderer des Ausgrabungsprojektes.
Maschinenhilfe - schnell und großflächig
Archäologen arbeiten nicht immer mit feinen Pinseln - manchmal muss es auch schnell gehen, vor allem gegen Ende eines Projektes. Dieser kleine Bagger schabt lose Erdschichten ab, während ein Freiwilliger kontrolliert, ob dabei Schätze zum Vorschein kommen - in dem Fall signalisiert er dem Baggerführer ein sofortiges "Stopp!"
"Wir haben was gefunden!"
Was der Bagger nicht kann, müssen die Profis und ihre ehrenamtlichen Helfer in vorsichtiger Handarbeit leisten. Nicht alle Artefakte sind so gut sichtbar wie dieses blaue Etwas, das sich unter der Erde abzeichnet.
"Es ist blau und definitiv aus Metall..."
An diesem Ort hatte das Team einen Gefallenen gefunden, vermutlich einen französischen Soldaten. Viele seiner Habseligkeiten lagen im Boden verstreut. Auch das blaue Artefakt gehört dazu. Was wird wohl der Archäologe zutage fördern?
"Trinkt nicht aus der Flasche!"
Eine Wasserflasche der Armee - inklusive Flüssigkeit, wie beim Schütteln zu hören ist. Der Archäologe schraubt die Flasche auf und schüttet den Inhalt weg. Warum das? Er grinst: "Die Soldaten hatten nicht nur Wasser in ihren Flaschen - in einigen haben wir Benzin gefunden." Neben dieser Flasche fand das Team viele weitere - auch zwei Zahnbürsten sind aus dem Grabenkrieg erhalten geblieben.