Hörmann: "Stimmiges Olympia-Konzept"
4. Dezember 2014DW: Warum will Deutschland Olympische Spiele ausrichten?
Alfons Hörmann: Weil es das weltweit größte und bedeutendste Sportfest ist und für Deutschland eine hervorragende Chance wäre, sich als würdiger und in jeder Hinsicht geeigneter Gastgeber zu zeigen.
Was kann Deutschland der olympischen Bewegung geben?
Ich denke, zu dem, was vom IOC rund um die Agenda 2020 diskutiert wird, passt hervorragend, was wir mit Berlin und Hamburg anbieten, im Sinne menschennaher, stadtnaher und naturnaher Spiele. Deshalb meinen wir, dass ein deutsches Konzept eine gute Ergänzung zu dem ist, was auf IOC-Ebene zurzeit diskutiert wird.
Die Reformvorschläge des Internationalen Olympischen Komitees liegen auf dem Tisch. Wo findet sich der DOSB mit eigenen Gedanken in diesem Papier wieder?
Wir haben mit den verschiedenen nationalen Sportverbänden wie jenen aus Österreich, der Schweiz und Schweden ein Konzept erarbeitet und stellen fest, das 70 bis 80 Prozent der Themen, die wir diskutiert haben, in den Reformvorschlägen enthalten sind. Es geht los bei der Frage der Einladung für neue Bewerber. Das IOC sieht die Logik, den jeweiligen Ländern Perspektiven aufzuzeigen, die Bewerbungsprozesse zu verschlanken und die Kosten dafür zu reduzieren. Und es geht weiter mit der Frage: Wie werden künftig Spiele durchgeführt? Mit höherer Flexibilität, mit der Auslagerung verschiedener Wettbewerbe, z.B. den Vorrundenspielen in den Ballsportarten und dem damit verbundenen Konzept der Integration der Regionen rund um die Bewerberstadt. Das sind alles Themen, die sich in unseren Konzeptpapieren wiederfinden. Deshalb ist es erfreulich, dass wir da im Gleichklang im Denken und Handeln unterwegs sind.
Verstärkt nutzen autokratische Staaten Olympische Spiele, um sich zu profilieren. Geht es auch darum, die olympische Idee wieder für die Demokratie zu gewinnen?
Es geht nicht darum, irgendjemand etwas zu entreißen. Es geht darum, Olympische und Paralympische Spiele in eine gute Zukunft zu entwickeln. Da ist es wichtig und wertvoll zu zeigen, das Konzepte verwirklicht werden können, die nah am Menschen sind, die nach unseren Wertvorstellungen umgesetzt werden können. Zu kritisieren, dass in anderen Ländern die Dinge nicht so laufen, wie wir sie uns vorstellen, ist das eine. Ein eigenes, konkretes, stimmiges Angebot zu machen, das andere. Das wollen wir für 2024 tun.
Deutschland hat zuletzt mit den Bewerbungen von Berlin für die Sommerspiele 2000 und von Leipzig für 2012 keinen Erfolg gehabt. Was wird diesmal anders laufen? Welche Ideen und Visionen hat der DOSB?
Der gesamte Bewerbungsprozess war bisher sehr professionell. Wir sind, wenn ich es mit den letzten Bewerbungen für München 2018 und 2022 vergleiche, viel früher, offener und kommunikativer in den Regionen unterwegs. Der Austausch mit den Bürgern läuft wesentlich intensiver, mit Befürwortern und Gegnern - was richtig ist in einem demokratischen Umfeld wie in Deutschland. Zum anderen gibt es eine hohe Geschlossenheit im deutschen Sport. Es geht nicht um ein Gegeneinander. Auch der Wettstreit zwischen Berlin und Hamburg läuft so, wie wir uns das vorstellen: fair, offen, transparent. Und durchaus im Sinne eines guten Wettstreits. Es ist in gewissem Sinne ja ein Warmlaufen für das, was auf internationaler Ebene laufen wird. Alle diese Elemente tragen dazu bei, dass wir bis zum März des nächsten Jahres noch viel Freude haben werden.
Gehen wir vom positiven Fall aus und Deutschland bekäme die Olympischen Spiele 2024 zugesprochen. Wären wir mit unseren Sportlern noch konkurrenzfähig? Seit den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona ist die Zahl der gewonnenen Medaillen stetig zurückgegangen.
So ist es. Der Leistungssport braucht eine Kurskorrektur, eine mittel- und langfristige Zielstellung und was kann es da Schöneres geben, als Olympische und Paralympische Spiele für die nächste Generation. Auch für uns als Verbände und Verantwortungsträger wäre es eine hohe Motivation, wieder den Schalter umzulegen und den Negativtrend der vergangenen Jahre und Jahrzehnte umzukehren. Auch deshalb lohnt es, für die Spiele zu werben und zu kämpfen.
Alfons Hörmann (54) ist als Unternehmer tätig. Parallel zu seiner beruflichen Entwicklung war er in verschiedenen Sport-Funktionen tätig. 2005 wurde er Präsident des Deutschen Skiverbandes. Am 7. Dezember 2013 wurde Hörmann zum Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gewählt - als Nachfolger von Thomas Bach, der an die Spitze des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewechselt war.
Das Interview führte Herbert Schalling.