Kongo-Warlord: Wer ist Bosco Ntaganda?
7. November 2019Er soll Kinder als Soldaten rekrutiert haben, er soll Mord, Vergewaltigung und sexualisierte Ausbeutung als Mittel der Kriegsführung eingesetzt haben. Bosco Ntaganda musste sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in 18 Fällen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Die Richter befanden ihn bereits im Juli in allen Punkten für schuldig, nun haben sie auch das Strafmaß verkündet: Ntaganda soll für 30 Jahre hinter Gitter, eine so lange Strafe hat der ICC noch nie verhängt. Ntaganda hat die Möglichkeit, binnen 30 Tagen Berufung einzulegen.
Die Gräueltaten soll er Ende 2002 und Anfang 2003 in der Provinz Ituri im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo begangen haben. Da war er stellvertretender Stabschef des militärischen Arms der Rebellenbewegung Union der kongolesischen Patrioten (UPC).
Deren Gründer und Anführer, Thomas Lubanga, hatte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag 2012 wegen Kriegsverbrechen zu 14 Jahren Haft verurteilt.
Beim Vormarsch von Ntagandas Milizen wurden "Männer, Frauen und Kinder erschossen oder in Stücke gehackt", sagte Anklägerin Nicole Samson in ihrem Plädoyer im August 2018, so die Website "International Justice Monitor" in ihrem Prozessbericht.
"Diese Verbrechen waren keine Einzelfälle. Sie wurden in großem Umfang und systematisch verübt, ein Ergebnis des sorgfältigen Trainings durch Ntaganda", so Samson nach drei Jahren Prozessdauer. In Kilo, einem Dorf im Kongo, sei Vergewaltigung so sehr an der Tagesordnung gewesen, dass an die Milizionäre Antibiotika verteilt wurden, um sie von Geschlechtskrankheiten zu heilen.
Grausame rassistische Überfälle
Die UPC überfiel ihre Opfer vornehmlich aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, so die Ankläger des Strafgerichtshofes. Betroffen waren vor allem die Gruppen der Lendu, Bira und Nande.
"Wir erwarten viel vom Internationalen Strafgerichtshof", sagte ein Sprecher der Lendu vor dem Urteil. "Wir hoffen, dass das Gericht den Opfern ihre Rechte zurückgibt und sie für die Verbrechen von Bosco Ntaganda entschädigt", so Jean-Marie Ndjaza, Vizepräsident der Lendu-Gemeinschaft, zur DW. "Wir zweifeln nicht daran, dass er verurteilt wird. Wir vertrauen auf den Strafgerichtshof." Ntaganda bestreitet alle Vorwürfe.
Der lange Weg zum Urteil
Auch wenn der Internationale Strafgerichtshof Ntaganda nun schuldig gesprochen hat - die Menschen in der Region mussten "zu lange" auf Gerechtigkeit warten, sagte Luc Malembe, ein Bewohner aus Bunia, der Hauptstadt der Provinz Ituri, vor der Urteilsverkündung. Das Gericht erließ bereits 2006 einen Haftbefehl gegen Ntaganda, aber er wurde erst 2013 verhaftet und der Prozess begann 2015.
Auch in der Nachbarprovinz Nord-Kivu dürfte man das Urteil genau verfolgt haben. Denn nachdem er die Union der kongolesischen Patrioten verlassen und eine Weile als General der kongolesischen Armee gedient hatte, gründete Ntaganda 2012 eine weitere Rebellenmiliz, die M23. Auch diese Gruppe wird schwerer Vergehen beschuldigt, dazu gehören Massenexekutionen, Vergewaltigungen und der Einsatz von Kindersoldaten in Nord-Kivu. Wegen dieser späteren Verbrechen steht Ntaganda aber nicht vor Gericht.
"Wir in Nord-Kivu hoffen, dass der selbe Gerichtshof sich die Verbrechen anschaut, die Ntaganda hier bei uns verübt hat", sagte Mireille Kavira aus der Stadt Rutshuru der DW. "Wenn solch ein Verfahren stattfindet, wird der Gerechtigkeit Genüge getan werden."
2013 besiegten UN-Truppen und die kongolesische Armee die Rebellengruppe M23. Bis dahin kontrollierten die Milizen große Teile der Bergbauregion im Osten der DR Kongo, inklusive Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma. Zehntausende Menschen flohen vor den Kämpfen.
Unter Mitarbeit von John Kanyunyu in Kinshasa.