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Neue Ausbeutungsmethoden

Nik Martin/ ad6. Juni 2013

Thailand bemüht sich, hunderttausende illegale Einwanderer zu legalisieren. Vermittler nutzen die Situation aus und verlangen bis zu 700 Prozent der tatsächlichen Registrierungskosten.

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arbeiter in der fabrik Permisison: Peter Hurst , International Labour Organization (Genehmigung liegt schriftlich vor)
Bild: International Labour Organization

Wie viele andere Einwanderer auch gelangte der 29jährige San Si auf illegalen Wegen mit Hilfe eines Vermittlers nach Thailand. Gegen Bezahlung half ihm letzterer, die Grenze zwischen Myanmar und Thailand zu überschreiten und einen Job in einer Fischkonservenfabrik in Samut in der Provinz Sakhon zu finden.

Zwei Jahre später - 2011 - drängte ihn sein Arbeitgeber dazu, eine Arbeitserlaubnis zu beantragen. Denn schließlich drohte ihm die Abschiebung, falls er ohne Arbeitserlaubnis erwischt worden wäre.

Derselbe Vermittler, der ihn ursprünglich von Myanmar nach Thailand gebracht hatte, verhalf ihm nun für12.000 Baht (etwa 300 Euro) zu Arbeitspapieren - was in etwa zwei Monatsgehältern entsprach.

"Wenn ich mich mit einigen meiner Freunde vergleiche, dann waren meine Legalisierungskosten recht hoch. Einige meiner Freunde haben nur 5000 Baht bezahlen müssen", sagte er. Außerdem, fügte er hinzu, muss er nun seit Aushändigung der Arbeitspapiere jeden Monat drei Prozent seines Gehalts an den Vermittler zahlen.

Abzocke der Vermittler

Schlecht bezahlte Arbeiter aus Myanmar, Kambodscha und Laos sorgen dafür, dass arbeitsintensive Industrien nach wie vor wettbewerbsfähig bleiben - darunter Textilunternehmen, landwirtschaftliche Betriebe und Tiefkühlkostfabriken.
Die thailändische Regierung ist sich dieser Probleme der illegalen Einwanderer bewusst. Mehrmals wurde Straffreiheit angeboten, um die mehr als zwei Millionen illegalen Einwanderer dazu zu bewegen, sich bei den Behörden registrieren zu lassen.

Zwei Arbeiter aus Myanmar Date taken: 14/5/13 Photographer: Nik Martin, Deutsche Welle
Vermittler zocken illegale Einwanderer abBild: DW/N.Martin

Außerdem ist mehrmals die Frist verlängert worden, bis zu der die Einwanderer thailändische Pässe auf Zeit erwerben konnten. Die vorerst letzte solche Frist wird am 11. August auslaufen. Bis dahin werden die 11 dafür zuständigen Zentren sicherlich mit Anfragen überflutet werden.

Jedoch ist der Legalisierungsprozess kompliziert und teuer - wieder mal ein gutes Geschäft für Vermittler, die den Antragstellern helfen, ein Visum zu erlangen. Laut einheimischen Medien teilen sich diese Vermittler mit korrupten Beamten den Profit. "Die Vermittler verlangen 10.000 bis 20.000 Baht, um diese Prozedur zu beschleunigen", sagte Max Tunon, ein leitender Angestellter der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). "Die tatsächlichen Kosten betragen nur ungefähr 5000 Baht."

'Es geht nur ums liebe Geld'

Die ILO ist vor allem darüber besorgt, dass die Vermittler keinerlei Kontrolle unterliegen, und hat deshalb die thailändische Regierung dazu aufgerufen, hier Kontrollmechanismen einzuführen.

"Das thailändische Gesetz sieht einen besonderen Schutz für Thailänder vor, die im Ausland arbeiten, da gibt es einen besonderen Paragraphen zur Rekrutierung von Arbeitssuchenden durch Agenturen. Aber umgekehrt regelt kein Gesetz die Vermittlungsagenturen von ausländischen Arbeitssuchenden in Thailand", erläuterte Tunon.

Zing Mg Lwin, ein weiterer Einwanderer aus Myanmar, hatte vier Jahre für eine Meeresfrüchtefabrik gearbeitet, bis er versuchte, Arbeitspapiere zu bekommen. Auch er musste einen Vermittler bezahlen - mit einem Monatsgehalt. "Das Leben in Thailand dreht sich immer nur um Geld. Ich muss Miete bezahlen, meine Vermittlungsgebühren, meine Registrierungsgebühren. In Myanmar wären meine Ausgaben wesentlich geringer. Aber hier muss man für alles bezahlen," sagte Zing.

Ausbeutung überall

Der Legalisierungsprozess ist jedoch nur eins der Hindernisse, die illegale Einwanderer in Thailand überwinden müssen. Häufig werden sie auch von ihren Arbeitgebern ausgebeutet.

Baustelle Photographer: DW-korrespondent Nik Martin
Die fehlende Regulierung für illegale Arbeiter bedeutet deren AusbeutungBild: DW

"Noch schlimmer sind Verletzungen von Arbeitsrechten - Nichtbezahlung von Löhnen und Ausgleichszahlungen für Unfälle, eingeschränkte Bewegungsfreiheit aufgrund von fehlender Bezahlung und fehlenden Papieren. Die Vermittler nutzen auch diese Situation aus und stellen hohe Kosten in Rechnung, und sie vermitteln Arbeitsplätze mit schlechten Bedingungen", fügte Tunon hinzu.

Laut einiger Berichte werden Einwanderer oft dazu genötigt, lange Überstunden unter entsetzlichen Arbeitsbedingungen zu leisten. San Si beklagte, dass er häufig als Bürger zweiter Klasse behandelt werde, obwohl er ja nun eine Arbeitserlaubnis habe.

"Einwanderer werden in Thailand oft diskriminiert. Die Thailänder bekommen Sozialhilfe, aber wir nicht. Sie müssen auch nicht so hart arbeiten wie wir. Wenn sie während der Arbeitszeit einschlafen, beklagt sich niemand darüber. Und sie verdienen mehr, obwohl sie weniger arbeiten als wir."

Langsamer Wandel

Einige Experten meinen, dass die Regierung es aufgrund der Nachfrage nach Arbeit sowie der weit verbreiteten Korruption nie schaffen wird, alle ausländischen Arbeiter zu legalisieren. Andere sagen voraus, dass eine steigende Zahl von Arbeitern in ihre Heimatländer Myanmar, Kambodscha und Laos zurückkehren werden, sobald sich dort die Wirtschaftslage bessert. Tunon von der ILO hält dieses Szenario allerdings für unwahrscheinlich.

"Wenn man die in Thailand, Myanmar und Kambodscha angebotenen Löhne miteinander vergleicht, stellt man immer noch große Differenzen fest. Für die Arbeitergruppen, mit denen wir kürzlich gesprochen haben, ist eine Rückkehr nach Myanmar zumindest zum jetzigen Zeitpunkt uninteressant, weil sie in Thailand immer noch sehr viel mehr verdienen können."

In der Zwischenzeit haben Polizeikräfte sporadische Razzien gegen illegale Einwanderer durchgeführt. In einem Fall nahmen sie 2000 Personen fest. Derartige Aktionen sind in die Kritik geraten: Menschenrechtsaktivisten meinen, die dafür benötigten Ressourcen sollten besser ausgegeben werden, um die Rechte der Einwanderer zu schützen und die Vermittler, die deren Situation ausbeuten, zu verfolgen.