Im Einsatz von Afghanistan bis Afrika
19. September 20132009
Luftangriff von Kundus: Während in Deutschland der Wahlkampf in vollem Gange ist, kommt es in Afghanistan zu einem folgenschweren Zwischenfall: Ein Bundeswehr-Oberst gibt am 4. September 2009 den Befehl für einen NATO-Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklastwagen in der Nähe von Kundus. Dabei kommen Dutzende Zivilisten ums Leben. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) macht widersprüchliche Angaben zum Hergang des Angriffs.
Neuer Verteidigungsminister: Als die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP Ende Oktober 2009 ihre Arbeit aufnimmt, wird Jung nicht mehr Verteidigungsminister. Das Ressort übernimmt Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Jung wird Minister für Arbeit und Soziales.
Probleme kurz nach Amtsantritt: Karl-Theodor zu Guttenberg bewertet den Luftangriff von Kundus, über den immer mehr Details ans Licht kommen, als "militärisch angemessen" (6. November 2009). Einen Monat später korrigiert er seine Einschätzung in "militärisch nicht angemessen". Die Opposition fühlt sich verschaukelt und verlangt Aufklärung.
Entlassungen und ein Rücktritt: Mit der Begründung, sie hätten ihm wichtige Dokumente zum Luftangriff nicht vorgelegt, entlässt Guttenberg den angesehenen Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, und einen Staatssekretär. Der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung, in dessen Amtszeit der Angriff fiel, tritt am 27. November 2009 von seinem Amt als Arbeitsminister zurück und übernimmt damit die Verantwortung für die Kommunikationspannen. Im Bundestag arbeitet ein Untersuchungsausschuss die Pannen rund um den Luftangriff von Kundus auf.
2010
Klartext zum Kampfeinsatz: Seine Aussage, in Teilen Afghanistans herrsche "Krieg", bringt Guttenberg die Sympathie der Soldaten ein. Sein Vorgänger hatte stets von einem "Stabilisierungseinsatz" gesprochen, bei dem die Soldaten Brunnen bohrten und Schulen schützten. Allein im Jahr 2010 fallen neun deutsche Soldaten in Afghanistan.
Afghanistan-Kontingent aufgestockt: Als der Bundestag das Mandat für den Afghanistan-Einsatz im Februar 2010 um ein Jahr verlängert, wird die Zahl der Soldaten erneut erhöht: Bis zu 5350 deutsche Soldaten sind im Rahmen der NATO-geführten ISAF im Norden Afghanistans stationiert, so viele wie nie zuvor. Begonnen hatte der Einsatz Ende Anfang 2002 mit nur 1200 Soldaten.
Nach 55 Jahren fällt die Wehrpflicht: Da die Bundeswehr immer kleiner wird, hält Verteidigungsminister zu Guttenberg die allgemeine Wehrpflicht für verzichtbar. Die Regierungsparteien CDU und CSU, bisher strikte Befürworter der Wehrpflicht, ändern im Herbst 2010 ihren Kurs. Per Gesetz wird die Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 abgeschafft. Seither wirbt die Bundeswehr um Freiwillige.
Missstände auf der Gorch Fock: Auf dem Segelschulschiff Gorch Fock stirbt am 7. November 2010 eine 25-jährige Offiziersanwärterin bei einem Sturz aus der Takelage. Im Zuge der nachfolgenden Untersuchungen werden gravierende Missstände aufgedeckt. Verteidigungsminister zu Guttenberg entlässt den Kommandanten der Gorch Fock und setzt die Ausbildung auf dem traditionsreichen Segelschulschiff aus.
2011
Der Abzug rückt näher: Das um ein Jahr verlängerte Afghanistan-Mandat der Bundeswehr (28.01.2011) enthält nach fast einem Jahrzehnt erstmals eine konkrete Abzugsperspektive.
Plagiatsaffäre kostet Amt und Würden: Im Februar 2011 wird publik, dass Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben hat. Der populäre Minister weist den Vorwurf als "abstrus" zurück. Am 1. März 2011 tritt Guttenberg von allen politischen Ämtern zurück, nachdem ihm die Universität Bayreuth den Doktortitel aberkannt hat.
Wechsel an der Spitze: Am 3. März 2011 wird der bisherige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) neuer Verteidigungsminister. Der erfahrene "Polit-Allrounder" ist ein enger Vertrauter der Bundeskanzlerin, die Ruhe in das schwierige Ressort bringen will.
Umbau der Bundeswehr: Im Verlauf des Jahres stellt Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Weichen für die Reform der Bundeswehr: Bis 2017 soll die Truppe auf 185.000 Soldaten verkleinert werden. Zu diesem Zweck sollen 31 Standorte der Bundeswehr ganz geschlossen werden, zahlreiche weitere teilweise drastisch reduziert.
Selbstisolation in der Nato: Als der UN-Sicherheitsrat über eine Flugverbotszone für Libyen abstimmt (17. März 2011), enthält sich Deutschland als einziges Nato-Mitglied. Die Verbündeten sind irritiert. Als der Einsatz beginnt, zieht die Bundesregierung die deutschen Schiffe aus den Nato-Verbänden im Mittelmeer zurück. Befreundete Länder ziehen die Verlässlichkeit Deutschlands in Zweifel.
2012
Reduzierung der Truppen in Afghanistan: Anlässlich der Mandatsverlängerung senken Bundesregierung und Bundestag die Obergrenze des Kontingents von 4900 auf 4500 Soldaten.
Türkei-Einsatz: Im Dezember 2012 beschließt der Bundestag die Entsendung von Patriot-Abwehrraketen und bis zu 400 Soldaten in die Türkei. Sie werden im Rahmen eines Nato-Einsatzes nahe der Grenze zu Syrien stationiert, um ein Übergreifen des Bürgerkriegs zu verhindern. Die Bundeswehr nimmt damit an insgesamt neun Auslandseinsätzen teil.
2013
Hilfe nach dem Bürgerkrieg: Im westafrikanischen Mali beginnt die Bundeswehr im Rahmen einer EU-Mission mit der Ausbildung von malischen Soldaten. Außerdem hilft Deutschland den Truppen der Westafrikanischen Wirtschaftsunion ECOWAS beim Lufttransport.
54 tote Soldaten: Am 4. Mai 2013 fällt zum ersten Mal seit fast zwei Jahren wieder ein deutscher Soldat in Afghanistan. Der Hauptfeldwebel aus dem Kommando Spezialkräfte ist das 54. Todesopfer seit Beginn des Einsatzes.
Abzug nach mehr als einer Dekade: Die Bundeswehr beginnt damit, Panzer, Jeeps und Container aus Afghanistan nach Deutschland zurückzuverlegen. Der Einsatz hat seit seinem Beginn im Jahr 2002 bisher 7,6 Milliarden Euro gekostet. Bis Ende 2014 soll der Abzug der Kampftruppen abgeschlossen sein. Die Bundeswehr will aber auch danach noch Militärausbilder stellen.
Drohnen-Pleite: Im Mai stoppt Verteidigungsminister de Maizière die Entwicklung der Aufklärungsdrohne Euro Hawk, die bereits etwa 600 Millionen Euro verschlungen hat. Sie bekommt keine Zulassung für den deutschen Luftraum. Der Minister gerät unter Druck. Ein Untersuchungsausschuss arbeitet kurz vor dem Ende der Legislaturperiode die Pannen bei diesem Rüstungsprojekt auf.