Im Macho-Land: Frauen und der Motorsport
Der Horror-Unfall der 17-jährigen Formel-3-Pilotin Sophia Flörsch wirft ein Schlaglicht auf eine Gruppe Sportlerinnen, die immer noch ein Nischendasein fristen. Fahrerinnen sind im Motorsport immer noch die Ausnahme.
Macau, Lisboa-Kurve, Sonntag 15.44 Uhr
Warum der Crash passierte, ist noch unklar. Der Wagen von Sophia Flörsch (Startnummer 25) hob mit etwa 250 Stundenkilometern ab und krachte wie eine Rakete ungebremst gegen Schutzplanken. "Ich wollte alle wissen lassen, dass ich okay bin", hieß es später auf dem Twitter-Account der Fahrerin, die am Tag nach dem Horrorunfall elf Stunden lang erfolgreich an der Wirbelsäule operiert wurde.
Jung und schnell
Flörsch hatte sich den siebten Halswirbel gebrochen, allerdings ohne Beteiligung des Rückenmarks. Auf der Strecke geht die 17-Jährige immer hohes Risiko, sie wurde bereits für zu aggressives Fahren bestraft. Die Kommissare sollen sich gewundert haben, dass eine Frau so Auto fährt. Flörsch ist Teil einer Kampagne von Ex-Formel-1-Testfahrerin Susie Wolff, die Mädchen in den Rennsport bringen soll.
Das Power-Paar des Motorsports
Susie Wolff ist die Ehefrau von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Von 2012 bis 2015 war sie als Testfahrerin beim Williams-Rennstall angestellt. Zuvor startete sie in der DTM und anderen Tourenwagenserien. "Dare to be different" heißt ihre Stiftung. Wolff und ihre Mitstreiter fahren zum Beispiel in Großbritannien in Schulen, um Kids zu Kart-Rennen oder anderen Motorsportevents einzuladen.
Noch schnell eine Zigarette im Maserati
Wenn Coolness eine Voraussetzung für Motorsport ist, hatte Maria Teresa De Filippis das Zeug, um im Cockpit zu bestehen: mit der Kippe hinter dem Steuer! Im Maserati bestritt sie 1958 einige Rennen. Ihr Idol Juan Manuel Fangio habe ihr stets gesagt, dass sie zu schnell und zu riskant fahre. Den Motorsport habe sie aufgegeben, weil zu viele Freunde dabei gestorben seien, sagte sie dem "Observer".
Die Pionierin: Shirley Muldowney
Sie war die erste Frau, die ab 1973 bei US-amerikanischen Dragster-Rennen in der Top-Fuel-Klasse für und dort Rennen gewann. Die Fahrzeuge werden dabei auf einer etwa 300 Meter langen Strecke innerhalb von knapp vier Sekunden auf über 500 km/h beschleunigt. Dreimal gewann sie die Meisterschaft. Muldowney wurde 1990 in die Hall of Fame des US-Motorsports aufgenommen.
Die Chefin: Monisha Kaltenborn
Über Jahre galt die in Indien geborene Österreicherin Monisha Kaltenborn als eine der wichtigsten Frauen im Motorsport. Als Teamchefin von Sauber machte sie die Ansagen in ihrem Männerteam, bis der Rennstall an die Investmentfirma Longbow Finance verkauft und Kaltenborn gefeuert wurde. Es sei schwierig, eine Gruppe Männer zu einem Schwur zu bewegen, den diese dann auch hielten, sagte sie.
An seiner Seite. Fast immer: Sabine Kehm
Journalisten, die mit Michael Schumacher sprechen und Aufnahmen des siebenfachen Weltmeisters veröffentlichen wollten, kamen an Sabine Kehm nicht vorbei: Die Pressechefin und spätere Managerin wachte streng über alles, was das öffentliche Bild von "Schumi" trüben konnte. Dass seit seinem tragischen Ski-Unfall nicht ein einziges Bild des Mannes bekannt wurde, ist nicht zuletzt Kehms Verdienst.
Grid girls: "This is a man's world"
So oder so ähnlich kennt man sie in der Formel 1: die sogenannten "Grid girls". Neben dem perfekten Aussehen bestand ihre Hauptaufgabe lange Zeit darin, die Fahrer auf dem "Starting grid", also der Startaufstellung, mit einem Schirm zum Beispiel vor Sonnenlicht zu beschützen. Und darin, gute Stimmung zu machen, wie hier bei Pilot Sebastian Vettel, seinerzeit noch in der Kluft von "Red Bull".
Schnell auf zwei Rädern: Katja Poensgen
Mit der Rolle eines "Grid girls" hätte sie sich kaum zufriedengegeben: Katja Poensgen ging zwar nicht in der Formel 1, aber mit einem Motorrad der 250-Kubikzentimeter-Klasse an den Start. Das lag auch an ihrem Vater, der Vertriebsleiter einer Motorradfirma in Deutschland war. Beim Grand Prix von Italien in Mugello belegte sie den vierzehnten Platz und schaffte es damit immerhin in die Punkteränge.
Ellen Lohr: Sieg auf dem Hockenheimring
Ellen Lohr ist seit mehr als 25 Jahren im Motorsport aktiv. Das Bild zeigt sie 1992 - jenem Jahr, als sie auf dem Hockenheimring ihren größten Erfolg errang: den Sieg in der Internationalen Deutschen Tourenwagen Meisterschaft (DTM). Mit 14 hatte sie bei Kartrennen angefangen, später fuhr sie die Rallye in Dakar und war zuletzt vor allem als Truck-Rennfahrerin aktiv.
Jutta Kleinschmidt: Rallye-Pilotin Nummer 1
Sie ist - auch aus internationaler Sicht - eine der erfolgreichsten Damen im Rennsport: Jutta Kleinschmidt, die erste und bisher einzige Frau, die im Jahr 2001 die schwerste und längste Rallye der Welt, die Rallye Dakar, in der Gesamtwertung gewinnen konnte. Nach ihrer aktiven Laufbahn machte die heute 56-Jährige den Helikopter-Führerschein und radelte mit Joey Kelly quer durch Amerika.
Eine Formel 1 für Frauen? Carmen Jordá
Auch die spanische Rennfahrerin Carmen Jordá hat sich in der Szene einen Namen gemacht. Ihr Vorschlag, für Frauen eine eigene, getrennte Formel-1-Serie zu schaffen, hat allerdings nicht nur Zustimmung gefunden. Sie glaube, Frauen könnten aus physischen Gründen mit ihren männlichen Kollegen nicht mithalten, gab Jordá über den Kurznachrichtendienst Twitter zu Protokoll.
Sie werden mehr: Gruppenbild mit Fahrern
Noch ist eine Formel-1-Pilotin nicht in Sicht. Aber einflussreiche Frauen im Motorsport werden mehr. Claire Williams (rechts), Tochter von Formel-1-Guru Frank Williams, wirkt als Vize-Teamchefin im Rennstall des Vaters. Bei der Vorstellung des Wagens 2014 war auch Testfahrerin Susie Wolff (links) mit dabei, wobei das Augenmerk auf den Herren Valtteri Bottas, Felipe Massa und Felipe Nasr lag. Noch.