Im Sand verschollen
26. April 2003Vermisst werden einige der Touristen schon seit dem 21. Februar 2003. Mittlerweile sollen mindestens 15 Deutsche, acht Österreicher und vier Schweizer verschollen sein; außerdem ein in Deutschland lebender Schwede und ein Däne. Sie gehörten insgesamt sechs verschiedenen Reisegruppen an und waren mit Jeeps und Motorrädern in die südalgerische Sahara aufgebrochen. Einen einheimischen Fremdenführer nahmen sie nicht mit.
Spekulationen von Sandsturm bis Entführung
Aufgetaucht ist bisher keiner von ihnen, und das nährt Gerüchte. Die algerische Tageszeitung "El Watan" schreibt, sämtlichen Hypothesen werde nachgegangen - von Terroranschlägen bis hin zur Entführung durch kriminelle Banden. Zwar erklärt die algerische Presse auch, es habe seit Jahrzehnten keine schweren Gewaltakte gegenüber Touristen gegeben und die Touareg seien ein friedliches Wüstenvolk; doch genauso ist die Rede von einer islamischen Extremistengruppe, die im Süden des Landes operieren und bereits die Verlegung der Rallye Paris-Dakar erzwungen haben soll.
"El Watan" mutmaßt weiter: Vielleicht hätten die Vermissten auch in einem Sandsturm, von denen es in Algerien zurzeit etliche gibt, die Orientierung verloren. Eine andere Tageszeitung, "Le Quotidien d'Oran", vermutet, Störsignale der US-Truppen am Golf hätten das Satelliten-Navigationssystem (GPS) der Urlauber lahm gelegt. Französische Militär-Experten halten das aber für unwahrscheinlich. Die ARD berichtete schließlich von einem Tunnelsystem, in dem sich Menschen aufhielten.
Mit Nachtsichtgerät auf der Suche
Was von alldem stimmt, weiß niemand. "Wir können nichts ausschließen", erklärte ein Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes gegenüber DW-WORLD. "Wir gehen allen Hinweisen nach." Zu Einzelheiten wollte er sich nicht äußern. Das Amt warnt jedenfalls ausdrücklich vor Reisen nach Algerien, zumindest sollten Touristen die so genannte "Gräberpiste" (Foto) meiden, wo die Vermissten verschwanden.
Derweil läuft in Algerien die größte Touristen-Suchaktion seit Jahrzehnten. Das Militär sucht mit Nachtsichtgeräten die Grenzregionen nach Lybien und Niger ab, auch Teile des Hoggar-Gebirges. Sechs Beamte des Bundeskriminalamts unterstützen sie; Nomaden schickten eine Such-Karawane los. Das Gebiet, das durchkämmt wird, ist etwa zwei Millionen Quadratkilometer groß. Sandstürme behindern die Suche zusätzlich.
Nicht zu sehr auf Satelliten verlassen
"In dieser Gegend reicht es oft, nur wenig von der Piste abzuweichen, um sich zu verirren", sagt der Reiseveranstalter Achmed Zegri aus dem Wüstenstädchen Illizi. Im "Quotidien d'Oran" kritisiert Tour-Leiter Saad Benmiloud die Arglosigkeit der Sahara-Reisenden: "Deutsche Touristen verlassen sich blind auf ihre elektronische Ausrüstung. Damit können sie aber große Navigationsfehler machen. Und sie haben zu wenig Benzin, um 200 bis 300 Kilometer Fehlpeilung zu korrigieren." (reh)