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Im Schlamm von Idomeni

Marianna Karakoulaki/KK11. März 2016

Seit Schließung der Balkanroute harren Flüchtlinge an dem griechischen Grenzort Idomeni aus. Einige hoffen darauf, dass die Durchgänge doch nochmal geöffnet werden. Marianna Karakoulaki aus Idomeni.

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Griechenland Idomeni Flüchtlingslager
Bild: DW/D. Tosidis

"Auf Arabisch bedeutet mein Name Hoffnung", sagt Amal. "Aber im Moment habe ich nicht mehr allzu viel Hoffnung. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll." Die 41-Jährige ist verzweifelt.

Amal ist nicht die Einzige, die sich mit einem Mal in einer Lage befindet, aus der es kaum einen Ausweg zu geben scheint. Alle Flüchtlinge in Idomeni hatten ein positives Ergebnis des EU-Türkei-Ggipfels erwartet. Doch nun scheint es, als sei die Balkan-Route endgültig geschlossen. Das zeichnete sich bereits Wochen vor dem Gipfel ab. Für die meisten Flüchtlinge heißt das: Sie haben nur noch sehr begrenzte Optionen.

"Nur auf legalem Weg"

Ghanim, von Beruf Ingenieur, ist mit seiner Familie aus dem Irak geflohen. Tage verbrachte er in einem Zelt und wartete ab, ob sich an der Grenze womöglich doch noch etwas täte. Doch nun hat er sich entschlossen, Idomeni wieder zu verlassen. Er will sich auf den Weg nach Diavata machen, einem Treffpunkt der Flüchtlinge in der Nähe der Stadt Thessaloniki. Ghanim weiß, dass seine Möglichkeiten begrenzt sind. Er weiß auch, dass alle Optionen zeitaufwendig sind. Dennoch will er weiterhin versuchen, nach Europa zu kommen.

Griechenland Idomeni Flüchtlingslager
Das Flüchtlingslager Idomeni in GriechenlandBild: DW/D. Tosidis

"Ich will es nur auf legalem Weg versuchen. Wenn ich warten muss, dann warte ich eben – sei es einen Monat oder sechs Monate, notfalls sogar ein Jahr. Warten ist für mich kein Problem. Mir ist gleichgültig, wohin ich gehe. Ich könnte auch in Thessaloniki eine Wohnung mieten. Geld ist kein Problem. Ich denke gerade darüber nach, ob ich in Griechenland Asyl beantragen oder an dem Umsiedlungsprogramm teilnehmen soll", sagt der 51-Jährige der DW.

Hoffnung auf das Verteilungsprogramm

Über Tage haben viele der in Idomeni lagernden Flüchtlinge bis zu den Knien in Schlamm und Wasser gestanden. Nun erwägen immer mehr von ihnen, an dem Verteilungsprogramm der EU teilzunehmen. Um die Flüchtlingskrise zu entschärfen, hatte die EU beschlossen, Flüchtlinge in ganz Europa zu verteilen. Seit der Vereinbarung, 160.000 Flüchtlinge zu verteilen, wurden nicht einmal 1000 Personen ausgeflogen.

Das Programm richtet sich an Menschen, die internationalen Schutz benötigen. Es gilt für Angehörige und Staatenlose aus Syrien, dem Irak, Eritrea und der Zentralafrikanischen Republik. Personen, die an dem Programm teilnehmen, können zwar ihr bevorzugtes Zielland angeben. Doch die endgültige Entscheidung über den Bestimmungsort trifft die Programmleitung. Gefährdete Gruppen, Familien und Personen, die bereits Familienmitglieder in den Ländern ihrer Wahl leben, werden bevorzugt behandelt.

"Optionen der Flüchtlinge sollten den internationalen Prinzipien und Gesetzen entsprechen", sagt Babar Baloch, Sprecher des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR), im Gespräch mit der DW. Diese sähe das Asylrecht vor. "Wir sind hier in Europa. Darum sollte es einen europäischen Mechanismus geben. In ihm sollten die Flüchtlinge registriert und erfasst werden. Auch Verantwortung und Solidarität mit Griechenland und mit den Flüchtlingen sollte selbstverständlich sein."

Zwei Flüchtlinge in Idomeni studieren eine Europakarte, März 2016 (Foto: Dimitris Tosidis, DW )
Wie geht es weiter? Zwei Flüchtlinge in Idomeni studieren eine EuropakarteBild: DW/D. Tosidis

"Wir versuchen die Menschen darüber zu informieren, welche Möglichkeiten sie haben", sagt Baloch. "Eine Möglichkeit besteht darin, in Griechenland Asyl zu beantragen. Die andere ist die EU-weite Verteilung. Derzeit registrieren wir immer mehr Anträge für das Verteilungsprogramm. Wir haben jeden Tag 100 bis 150 Anträge."

Getrennt vom Ehemann

Bitterlich weinend und mit geschwollenen Augen, hält Nisreen ihren dreijährigen Sohn in den Armen. Ihre Schwester sitzt neben ihr und wirkt ebenfalls niedergeschlagen. Gerade hat Nisreen schlechte Nachrichten erhalten.

"Im UN-Büro hier im Lager hat man mir gesagt, ich hätte zwei Möglichkeiten: Die eine besteht darin, dass ich an dem Verteilungsprogramm teilnehme. In diesem Fall würde ich mit meinem Sohn in einer privaten Unterkunft untergebracht und müsste warten, bis mein Daten bearbeitet worden sind. Das kann sehr lange dauern. Außerdem ist nicht sicher, dass ich zu meinem Mann nach Deutschland komme", sagt Nisreen im Gespräch mit der DW.

Die zweite Möglichkeit bestehe darin, in einem Flüchtlingslager zu bleiben. "Dort warte ich mehrere Monate, bis mein Gesuch bearbeitet ist. Für meinen Unterhalt muss ich während dieser Zeit selbst aufkommen. Allerdings darf ich mit meinem Flüchtlingsstatus nicht arbeiten, und ich habe keine Ersparnisse, um die Zeit überbrücken zu können."

Flüchtlinge in Idomeni fordern die Öffnung der Grenze, März 2016 (Foto: Dimitris Tosidis, DW )
"Wir wollen nach Deutschland": Flüchtlinge in Idomeni fordern die Öffnung der GrenzenBild: DW/D. Tosidis

Schleuser wieder im Geschäft

Es gibt noch eine dritte Option: die Schleuser. Nisreen und die anderen im Lager haben gehört, dass sie ihre Dienste wieder aufgenommen haben. Tatsächlich aber haben sie diese niemals ganz aufgegeben. Kaum waren die Grenzen geschlossen, waren die Schleuser wieder vor Ort. Für manche Flüchtlinge sind sie die einzige Möglichkeit, Idomeni hinter sich zu lassen.

"Der Kopf tut mir weh, so oft bin ich meine Optionen durchgegangen", sagt Nisreen. "Ich weiß nicht, was ich tun soll. Auf jeden Fall werde ich bis zum 17. März (der nächste EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise, die Red.) warten. Die Leute hier sagen, dass man uns dann erlaubt, den Balkan zu durchqueren." Ein bisschen Hoffnung hat sie noch.

Trotz der furchtbaren Bedingungen im Durchgangslager von Idomeni, trotz der körperlichen Schmerzen und psychischen Belastung, glauben die in diesen schlammigen Feldern gestrandeten Menschen immer noch an Europa. Sie hoffen, dass man ihnen doch noch erlaubt, sich in Europa niederzulassen.