CIA-Affäre
15. Juli 2009Es sei vorgesehen gewesen, kleine Teams aus CIA-Agenten und Elitesoldaten zu entsenden, um Top-Terroristen bei gezielten Kommandoaktionen umzubringen, berichtete das "Wall Street Journal" am Dienstag (14.07.2009). Die Pläne, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 entwickelt wurden, seien jedoch an einer Vielzahl von logistischen, rechtlichen und diplomatischen Hindernissen gescheitert, meldete ferner die "New York Times". Sie seien vage geblieben und nie ausgeführt worden. CIA-Chef Leon Panetta hatte das Projekt Ende Juni endgültig gekippt, sobald er davon erfahren habe, hieß es.
Die Umsetzung der Pläne scheiterte nach Informationen des Blattes unter anderem an der Frage, wie die Rolle der Vereinigten Staaten verschleiert werden könnte. Auch sei nicht klar gewesen, ob die Verbündeten informiert werden sollen und was zu tun wäre, wenn US-Agenten oder ihre ausländischen Helfer bei einer Operation gefasst würden. Die Antwort auf die Frage, ob die Operation mit internationalem Recht zu vereinbaren sei, war ebenfalls unklar.
Pläne nach dem 11. September
Nach Angaben von Beamten, die das Programm kannten, wurden die Pläne jedoch nie ganz zurückgestellt. Die Regierung des damaligen Präsidenten George W. Bush habe Alternativen zur Tötung von Terrorverdächtigen mit Raketen oder zur Ergreifung und Inhaftierung von Verdächtigen in geheimen CIA-Gefängnissen gesucht. Das Programm sei in den hektischen Wochen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 entworfen worden. Damals hatte Bush einen geheimen Befehl unterzeichnet, der es der CIA erlaubte, El-Kaida-Terroristen in aller Welt gefangenen zu nehmen oder zu töten.
US-Präsident Barack Obama kritisierte unterdessen das CIA-Geheimprogramm: "Der Präsident ist der Auffassung, dass der Kongress stets vollständig und rechtzeitig informiert werden soll, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs. Dies gelte für jede Art von Regierungsprogramm, fügte Gibbs ausdrücklich hinzu. Nähere Einzelheiten nannte der Sprecher jedoch nicht. Er bestätigte lediglich, dass der neue CIA-Chef das Programm Ende Juni gestoppt habe. Unmittelbar danach unterrichtete Panetta den Kongress, dem die Pläne vorenthalten wurden.
Untersuchungsausschuss gefordert
Der US-Kongress hat die Unterlagen bereits angefordert und will damit die Grundlage für einen Untersuchungsausschuss schaffen. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Silvestre Reyes, will nach Agenturinformationen noch in dieser Woche über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses befinden. Er will zunächst prüfen, ob für das Programm Spezialisten ausgebildet wurden und ob es Dienstreisen gab. Damit wäre die Schwelle überschritten gewesen, wonach das Programm dem Kongress hätte gemeldet werden müssen.
Als Verantwortlicher für die Geheimhaltung des Programms wird in US-Medien Ex-Vizepräsident Dick Cheney genannt, Bushs Architekt des "Krieges gegen den Terror". Er habe dafür gesorgt, dass das Projekt den zuständigen Parlamentsausschüssen über acht Jahre lang verschwiegen wurde. Die Demokraten im Kongress fordern auch eine Untersuchung der Rolle Cheneys. "Hat Cheney das Gesetz gebrochen?", fragte am Montag der US-Fernsehsender CNN. Für führende Demokraten ist die Sache klar: Er war es, auf dessen Anweisung dem Kongress ein CIA- Geheimprogramm vorenthalten wurde. "Das ist ein großes Problem, weil das Gesetz hier sehr klar ist", meinte die demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Senats, Dianne Feinstein.
Aufräumen mit der Bush-Ära
Auf Obama steigt nun der Druck, die Ära seines Vorgängers aufzuarbeiten. "Es ist an der Zeit, den schweren Menschenrechtsverstößen der letzten Regierung endlich auf den Grund zu gehen", sagt Jameel Jaffer von der US-Bürgerrechtsorganisation ACLU. Strafrechtliche Ermittlungen seien ein "entscheidender Schritt, die moralische Autorität der USA im Ausland wiederherzustellen und Recht und Gesetz daheim Geltung zu verschaffen".
Zugleich äußerte sich das Weiße Haus zu Erwägungen von Justizminister Eric Holder, strafrechtliche Ermittlungen gegen die CIA wegen möglicher Folterungen zu eröffnen. "Wenn Gesetze gebrochen werden, fällt das in den Bereich des Justizministers", sagte Gibbs. Zugleich habe Obama aber bereits deutlich gemacht, dass CIA-Agenten, die "in gutem Glauben" und nach damaligen Anweisungen gehandelt hatten, nicht juristisch verfolgt werden sollen. Holder überprüft derzeit die Berufung eines Sonderermittlers, um zu untersuchen, ob CIA-Agenten Terrorverdächtige gefoltert haben. Die CIA s9oll für das dem Kongress verschwiegene Programm seit 2001 nach Angaben von Informanten mindestens eine Million Dollar ausgegeben haben. (ina/ahe/dpa/ap/afp)