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In Aserbaidschan regieren Öl und Gas

14. Februar 2008

Aserbaidschans Kapital sind große Gas- und Ölvorkommen. Damit möchte es sich auf dem internationalen Energiemarkt profilieren. Aber es gibt Mängel in der Infrastruktur. Ein Energie-Gipfel Ende 2008 soll dem abhelfen.

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Baku boomt: Luxusgeschäfte glänzen mit schicken Auslagen, Hotels und teure Restaurants locken zahlungskräftige Kundschaft an, auf den Hauptstraßen – befahren von zahlreichen schwarzen Limousinen und Geländewagen mit getönten Fensterscheiben – herrscht Getümmel. Die vielen Baustellen in der Stadt machen das Fahren zuweilen zur Geduldsprobe. Und etwas entfernt von den glitzernden Fassaden des Zentrums sind Straßen und Häuser in einem desolaten Zustand. Die Stadt windet sich malerisch um eine große Bucht. Spiegelglatt liegt das Kaspische Meer in der Morgensonne, doch der schöne Anblick täuscht: Die Wasserqualität ist schlecht, die Luft riecht hier muffig, schweflig – am Horizont fahren große Schiffe, Tankschiffe.

35-prozentige Zuwachsrate

Baku, die Hauptstadt Aserbaidschans, boomt, denn das Land ist reich an den begehrten Rohstoffen Öl und Gas. Wie ein Schatz liegen die Ressourcen in großen Mengen auf dem Boden des Kaspischen Meers und machen den Südkaukasus-Staat zu einem bevorzugten Ziel für Investoren aus aller Welt. Die Wirtschaft wächst. Stolz verweist der zuständige Minister Heyder Babayev auf Zuwachsraten von 35 Prozent: "Ich bin sehr optimistisch, weil wir, wenn auch nicht einen europäische Standard, so doch eine gute politische Struktur haben, mit einer klaren Vision von Aserbaidschan. Öl- und Gas-Vorkommen fügen da natürlich noch Zuversicht hinzu."

Vor zehn Jahren hätte uns das niemand zugetraut, sagt Energieminister Natiq Aliyev und betont, dass sich Aserbaidschan dem Wettbewerb und den Herausforderungen einer Marktwirtschaft stellen will: "Wir haben das aus eigener Kraft geschafft, haben die Vorkommen erschlossen, die Gas-Gewinnung in Gang gesetzt. Schon jetzt exportieren wir unser Gas nach Georgien, in die Türkei und nach Griechenland. Aber wir können mehr."

Trumpf Pipeline-Projekte?

"Pipeline" ist das Zauberwort in Aserbaidschan, und man hat im Lande wohl bemerkt, dass die europäischen Staaten ihre Energieabhängigkeit von Russland verringern wollen und nach Alternativen suchen. 2006 wurde die Verbindung von Baku über Tiflis in den türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan in Betrieb genommen – mit einer Kapazität von einer Million Barrel Öl pro Tag. Ab 2009 soll mit dem Bau von "Nabucco" begonnen werden, einer Pipeline, die Gas über die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich pumpen soll.

Die ungelöste Frage, woher das Gas für diese Pipeline kommen soll, hat zu Verzögerungen geführt. Ursprünglich war der Iran als Lieferland vorgesehen – der ist jedoch wegen des Atomstreits kein optimaler Partner mehr. Hier sieht Aserbaidschan nun eine Chance. Energieminister Aliyev schätzt: "Die Chancen der Realisierung von Nabucco sind sehr hoch. Alles hängt davon ab, welche Situation sich in Europa und auf dem Energiemarkt entfaltet. Das Wichtigste ist die Energiesicherheit in den europäischen Ländern." Deshalb habe "Nabucco" so eine große Bedeutung. Aserbaidschan wiederum sollte seine Ressourcen dem "Nabucco 2-Projekt zur Verfügung stellen, meint der Minister. Erst vor wenigen Tagen hat der Energiekonzern RWE angekündigt, in das Gaspipeline-Projekt einzusteigen.

Bevölkerung vom Boom ausgeschlossen

Freilich, nur ein Prozent der Bevölkerung arbeitet im Ölsektor, und der Profit davon gelangt in die Hände einer Minderheit. Die Regierung in Baku beteuert hingegen, dass die Einnahmen aus dem Ölgeschäft über einen staatlichen Fonds der Bevölkerung zugute kommen würden. Wirtschaftsminister Babayev versichert indes: "Wir errichten keine Paläste, wir machen keine sinnlosen Dinge. Wir benutzen das Geld, um den Wohlstand Aserbaidschans zu mehren. Mit dem Öleinkommen entwickeln wir unser Land."

Dies darf angesichts verbreiteter Armut und teils fast mittelalterlicher Zustände in den Regionen getrost bezweifelt werden. Auch die Korruption ist ein Übel, das nicht abgestellt werden konnte. Wirtschaftsminister Babayev dazu: "Es gibt Korruption, aber ich kann ihnen zeigen, dass es auch in den USA und in Großbritannien Korruption gibt. Und wir kämpfen gegen solche Strukturen, indem wir Reformen einführen und den privaten Sektor beteiligen. Es gibt auch Probleme mit Inflation, mit Vertragspartnern und mit den Arbeitskräften." Immerhin, so Babayev, habe man eine sowjetische Vergangenheit und erst 15 Jahre Zeit gehabt für die Umgestaltung des Landes. Bei der Bevölkerung kommen solche Beschwichtigungen schlecht an, wenn ein Rentner umgerechnet 50 Euro im Monat verdient.

Politisch wirkt sich der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Enklave Berg-Karabach lähmend aus. Beide Länder sind weder willens noch in der Lage, die schwelende Krise friedlich beizulegen. Im Gegenteil: Man pflegt eine militante Rhetorik. Die Wahlen in Aserbaidschan entsprachen bisher nicht vollständig den internationalen Standards. Kritische Journalisten sprechen von Beschränkungen der Pressefreiheit und Menschenrechtsverletzungen.

Cornelia Rabitz, DW-Russisch