17. Februar 2023
Dass ein schweres Erdbeben in der Gegend drohte, hatten Geologen vorausgesagt. Doch die Verantwortlichen hätten einfach gebetet und gehofft, dass es nicht Realität werde in naher Zukunft, kritisiert etwa Ziyadin Çakır von der Technischen Universität Istanbul. So gebe es zwar strikte Bauvorschriften zur Erdbebensicherheit; eingehalten wurden diese jedoch offenbar nicht.
Nach dem Erdbeben lief die Hilfe sowohl in der Türkei als auch in Syrien schleppend an – und das obwohl internationale Unterstützung sofort auf den Weg gebracht wurde. Die betroffenen Menschen vor Ort waren in beiden Ländern in den ersten Tagen weitgehend auf sich allein gestellt. Grund dafür sind auch die Verheerungen in Syrien nach mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg. Und die Spannungen in der türkisch-syrischen Grenzregion. Denn als Folge des Konflikts sind nur wenige Grenzübergänge geöffnet, Hilfslieferungen erreichten die Opfer der Katastrophe mit Verspätung.
Der Syrien-Experte Carsten Wieland kritisiert zudem, dass ein Großteil der humanitären Hilfe über das Assad-Regime laufen muss. Dieses habe jedoch kein Interesse daran, den Menschen im Norden Syriens, die den Staat seit Jahren bekämpfen, zu helfen: “Dieses Erdbeben, ich will es mal ganz zynisch formulieren, kommt Präsident Bashar al-Assad sehr gelegen. Es tötet diese Menschen, ohne dass er sie auch noch bombardieren muss.”
Auch am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gibt es massive Kritik. Das Versagen der Vorgänger-Regierung nach dem schweren Erdbeben von 1999 hatte ihn an die Macht gebracht. Das Erdbeben jetzt könnte ihn das Amt kosten. Im Mai, spätestens aber im Juni stehen Präsidentschaftswahlen an. Die politische Analystin Gönül Tol vom Washington Institute befürchtet, Präsident Erdoğan könne den Ausnahmezustand nutzen, um die Wahlen um ein Jahr zu verschieben: “Das würde zu großer Instabilität in der Türkei führen, denn jemand muss für die Versäumnisse, die zu dieser vermeidbaren Katastrophe geführt haben, zur Verantwortung gezogen werden.”
Der Film zeigt Menschen in der Türkei und Syrien, die seit dem Beben ihre Angehörigen suchen, um sie trauern und selbst ums Überleben kämpfen.
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