Indien testet atomwaffenfähige Langstreckenrakete
19. April 2012Indien hat erstmals eine atomwaffenfähige Interkontinentalrakete getestet. Nach Angaben der für die Entwicklung von Militärtechnologie zuständigen Behörde (DRDO) verlief der Test erfolgreich. Die 17 Meter lange und 50 Tonnen schwere Rakete vom Typ Agni V mit einer Reichweite von mindestens 5000 Kilometern sei um 08.05 Uhr Ortszeit (04.35 MESZ) von einem Testgelände vor der Küste des östlichen Bundesstaates Orissa abgefeuert worden, teilte die DRDO mit.
Vertreter der Behörde sprachen von einem historischen Ereignis, das Indien stolz mache. Auch Verteidigungsminister A.K. Antony sagte, der Test stelle einen "bedeutenden Meilenstein im indischen Raketenprogramm" dar. Die Rakete sollte ursprünglich bereits am Mittwochabend abgefeuert werden, der Start wurde aber aufgrund schlechter Wetterbedingungen verschoben. Die Agni V muss nach Angaben des Verteidigungsministeriums mindestens vier Mal erfolgreich getestet werden, bevor sie voraussichtlich 2014 oder 2015 in das Waffenarsenal eingeführt werden soll. Ihre Entwicklung kostete umgerechnet rund 370 Millionen Euro.
Massive Investitionen in Rüstung und Streitkräfte
Der erfolgreiche erste Test stellt einen bedeutenden Fortschritt für die Atommacht Indien dar, die derzeit massiv in Rüstung und die Modernisierung ihrer Streitkräfte investiert. Bislang verfügen nur die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats - China, Großbritannien, Frankreich, Russland und die USA - über ausgewiesene ballistische Interkontinentalraketen mit einer Reichweite von tausenden von Kilometern.
Agni ist der Name einer Reihe von Raketen, die Indien seit 1983 im Zuge eines ambitionierten Raketenprogramms herstellt. Während Agni I und II vor allem mit Blick auf die verfeindete Atommacht Pakistan entwickelt wurden, wurden spätere Versionen mit größerer Reichweite als vor allem auf China ausgerichtet angesehen. Die Langstreckenrakete könnte mit ihrer Reichweite Experten zufolge theoretisch jedes Ziel in China sowie ganz Asien und verschiedene Länder Europas treffen.
Indien und China hatten 1962 einen Grenzkrieg geführt. Zwar haben sich die Beziehungen aufgrund wachsender wirtschaftlicher Zusammenarbeit verbessert, es kommt aber immer wieder zu Spannungen. Beide Länder haben ihre Budgets für Militärausgaben zuletzt erhöht: China um fast elf Prozent auf 106 Milliarden Dollar, Indien um 17 Prozent auf mehr als 40 Milliarden Dollar. Die Volksrepublik ist Indien allerdings militärisch weit überlegen.
sti/qu (afp, dapd, dpa, rtr)