Indien will mehr grünen Strom
28. Februar 2019Im südindischen Bundesstaat Karnataka ist seit Anfang 2018 eine 700.000 Quadratmeter große Solaranlage in Betrieb. 72.000 Menschen in der Region werden dadurch mit sauberem Solarstrom versorgt. Der wird dringend gebraucht, denn die Einwohnerzahl in der Region hat in den vergangen fünf Jahren - genau wie im ganzen Land - deutlich zugelegt.
Die Gegend ist beliebt: Von hier ist es nicht weit nach Bangalore, dem Silicon Valley Indiens. Die Größe des Solarparks: Zwei Felder mit jeweils 62.000 polykristallinen Photovoltaik-Modulen. Die Solaranlage kommt auf eine Sonneneinstrahlung von fast 2.000 Kilowattstunden pro Quadratmeter - das ist nahezu das Doppelte wie in Mitteleuropa.
Investitionsvolumen: 31 Millionen Euro. Ein Konsortium aus internationalen Unternehmen hat die Anlage gebaut. Die Module stammen von JA Solar aus China, das indische Unternehmen Shilchar lieferte die Spannungswandler, die Montagesysteme sind von NewSol aus der Schweiz und die Strangleitung ist von der deutschen Firma Lapp aus Stuttgart.
Auch im zentralindischen Telangana in der Nähe von Hyderabad sind in den vergangenen zwei Jahren großflächige Solarfarmen entstanden, die rund 20.000 Menschen mit regenerativ erzeugtem Strom versorgen.
Große Ziele
Indien hat inzwischen 1,3 Milliarden Einwohner - und ihr Strombedarf wächst enorm. Und um die CO2-Emissionen gering zu halten, will die indische Regierung bis 2022 die Produktion von erneuerbaren Energien auf 175 Gigawatt steigern. Das entspricht einem Anteil am "Energiekuchen" von 50 Prozent.
Vorteil: Die Produktion von Solarstrom ist in Indien deutlich lukrativer als zum Beispiel in Nordeuropa - die Sonne hat mehr Kraft und scheint konstanter. Auch Wind, Biomasse und Wasserkraft sollen in den kommenden drei Jahren als erneuerbare Stromquellen genutzt werden.
Finanziert werden die neuen Solarfarmen auf dem indischen Subkontinent zum Beispiel von privaten und institutionellen Kapitalanlegern - auch aus Deutschland. Stichwort: Impact Investing. Dabei handelt es sich um Fonds, die mit Projekten rund um um erneuerbare Energien nicht nur Rendite erwirtschaften, sondern auch etwas für die Umwelt und die Bevölkerung tun.
Hinter den indischen Projekten Karnataka und Telangana steht die auf Energieinfrastruktur in Asien spezialisierte Investmentgesellschaft ThomasLloyd. "Kraftwerke für erneuerbare Energien haben in Asien klimabedingt ideale Bedingungen", sagt deren Chef Michael Sieg. "Außerdem sind sie schneller und günstiger zu bauen und zu betreiben als in Europa."
Zunächst war die Gesellschaft auf den Philippinen aktiv, jetzt auch in Indien. Im Oktober 2018 kaufte ThomasLloyd einen Anteil an der in Neu-Delhi ansässigen Firma SolarArise und ist jetzt größter Aktionär des Unternehmens. SolarArise ist ein auf Indien spezialisierter Projektentwickler, der Solarparks plant, baut und betreibt. Aktuell hat die Firma eine Solarstrom-Produktion von 130 Megawatt im Portfolio. Mit dem Geld von ThomasLloyd soll sie mittelfristig auf 250 Megawatt und langfristig auf 1.500 Megawatt ausgebaut werden. Investitionskosten für die geplanten 30 Solarkraftwerke: rund 950 Millionen Euro.
An falscher Stelle gespart
Nicht nur private und institutionelle Anleger finanzieren die schnell wachsende indische Energieinfrastruktur: Die deutsche Entwicklungsbank KfW hat im August vergangenen Jahres im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einen Darlehensvertrag mit dem indischen Förderinstitut für Strom im ländlichen Raum (Rural Electrification Corporate Limited) in Höhe von 200 Millionen Euro unterzeichnet. Der indische Partner gibt das Geld in Form von günstigen Krediten an Investoren für Solar- und Windkraft-Parks weiter.
Vor allem im Solarsektor sind die Preise in den vergangenen Jahren stark unter Druck geraten, sagt Nils Medenbach, Indien-Experte bei der KfW. "Die Folgen waren sinkende Margen für Investoren." Um das auszugleichen, sei zwischenzeitlich auch an der Qualität der Solarmodule gespart worden.
Das habe sich inzwischen aber geändert. "Mittlerweile achten Entwickler und Investoren zunehmend auf die langfristige Nachhaltigkeit", sagt Medenbach, und die deutsche Enwicklungszusammenarbeit unterstütze sie bei der Umsetzung verlässlicher Standards. Durch den KFW-Kredit erwartet er Gesamtinvestitionen von 285 Millionen Euro.