Innenminister: NPD-Verbot notwendiger Schritt
4. Dezember 2013Das angestrebte Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) wäre ein wichtiger und notwendiger Schritt, um den organisierten Rechtsextremismus strukturell zu treffen. Das betont Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) mit Blick auf den Verbotsantrag des Bundesrates, der am Vortag (3.12.) beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht wurde. Davon gehe auch ein starkes moralisches und politisches Zeichen an alle Opfer rechtsextremer Gewalt aus.
Vor Beginn ihrer Herbstkonferenz im niedersächsischen Osnabrück erläuterten die Innenminister der Bundesländer und ihre Juristen den 268 Seiten langen Antrag. Aus über 4000 Beweistücken seien mehr als 300 Belege ausgewählt worden, die eindrucksvoll unter Beweis stellten, dass die NPD "weit außerhalb unserer Verfassung steht", sagte Pistorius, der den Vorsitz der Innenministerkonferenz führt.
Der Berliner Verfassungsrechtler Prof. Christoph Möllers sagte, die NPD gehe von einem naturalistischen Volksbegriff aus und definiere Volkszugehörigkeit nach rassischen, ererbten Kriterien. Wegen dieses Weltbildes erkenne sie Eingebürgerte nicht als gleichwertig an. Diese Ideologie laufe darauf hinaus, auch deutsche Staatsbürger wieder "aus dem Staatsterritorium hinauszuwerfen". Der Rassismus ist laut Möllers das entscheidende Merkmal, das die NPD von anderen rechten Strömungen unterscheide und ihr Verbot notwendig mache.
Staatliche Gelder für NPD "sind Treppenwitz"
Es gebe außerdem eine Vielzahl von Indizien für die aggressiv-kämpferische Haltung der Partei und für ein hohes Maß an Gewalttätigkeit. Die NPD wolle die Gesellschaft revolutionär verändern und habe in manchen Regionen eine Atmosphäre der Angst geschaffen. Sie erkenne das Gewaltmonopol des Staates nicht an.
Der Berliner Verfassungsrechtler Prof. Christian Waldhoff teilt die Bedenken nicht, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßurg ein Verbotsurteil der deutschen Verfassungsrichter nicht anerkennen könnte, weil er besonders hohe Maßstäbe an Parteienverbote anlege. Straßburg habe noch nie über das Verbot einer Partei mit nationalsozialistischer Programmatik entscheiden müssen, insofern gebe es keinen Präzedenzfall. Möllers und Waldhoff sind die Prozessbevollmächtigten des Bundesrates.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, es sei ein Treppenwitz, dass die NPD von der staatliche Parteienfinanzierung profitiere: "Der Rechtsstaat ist der Schuster, der permanent die Springerstiefel besohlt".
NPD sieht "ausufernden Kampf gegen Rechts"
Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) warnt dagegen, spätestens beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte könne ein Verbot wieder einkassiert werden. Dieser verlange als Kriterium, dass die Partei Einfluss auf die Politik des entsprechenden Landes nehme. Das könne man von der NPD in Deutschland nicht behaupten, erklärte Rhein am Dienstag im Hessischen Rundfunk. Zudem glaube er nicht, dass man mit einem Verbot die rechtsextreme Partei, geschweige denn deren Gedankengut, besiegen könne. Hessen hatte sich als einziges Bundesland bei der Abstimmung zum Verbotsantrag im Bundesrat der Stimme enthalten.
Die NPD sieht in dem Verbotsverfahren eine Chance, öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. In einer Erklärung des Parteivorstandes wird die "konstruierte Wesensverwandtschaft zwischen NPD und NSDAP" bestritten“. Der "ausufernde Kampf gegen Rechts" beschränke den politischen Pluralismus und sei der Versuch, politische Konkurrenz zu eliminieren. Parteichef Holger Apfel sagte in Berlin, die NPD solle stellvertretend für alle Deutschen verboten werden, die sich kritisch zur Flüchtlings- und Asylpolitik sowie zu Europa äußerten.
Bei einem Verbot würde die NPD ihr Vermögen und ihre Mandate in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie in zahlreichen Kommunalparlamenten verlieren.