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Immigration in den USA

Christina Bergmann5. Juli 2008

Die USA sind ein Einwanderungsland. Deutschland ist es auch. Mit Unterschieden: In den USA fallen Einwanderer nicht auf, in Deutschland schon. Ausländer kapseln sich ab, werden abgekapselt. Eine schwarz-weiße Realität?

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Ein türkischer und ein deutscher Fußballfan während der EM, Quelle: AP
Ein türkischer und ein deutscher Fußballfan während der EMBild: picture-alliance/ dpa

Ungefähr eine Million Einwanderer werden in diesem Jahr in die USA eingebürgert. Demgegenüber stehen, je nach Schätzung, zwischen elf und zwölf Millionen Menschen, die illegal in den USA leben. Eine überparteiliche Einbürgerungsreform, unterstützt von US-Präsident George W. Bush, hätte ihnen eine Möglichkeit eröffnet, einen legalen Status in den USA zu erlangen. Doch sie scheiterte im letzten Jahr im US-Kongress. "Die USA hat auch nicht alle Antworten", sagt die amerikanische Migrationswissenschaftlerin Amanda von Koppenfels.

Berliner Mauer zu Mexiko

Grenzzaun an der Grenze zu Mexiko. Quelle: Ap
Wie die Berliner Mauer: Meilenlanger Zaun an der Grenze zu MexikoBild: AP

Denn während die Immigrationsreform auf Eis liegt, wird an der 2000 Meilen langen amerikanisch-mexikanischen Grenze an einer neuen Realität für die illegalen Einwanderer gearbeitet. Ein meterhoher Grenzzaun soll den illegalen Wechsel von einem Land ins andere künftig unmöglich machen. 284 Meilen ist der Zaun bereits lang, bis zum Ende dieses Jahres sollen es 670 Meilen sein.

Nach wie vor ist es für Mexikaner attraktiv, in die USA einzuwandern: Ihre billige Arbeitskraft wird gebraucht. Um arbeitslos zu sein, würde niemand ins Land kommen. Für Amanda von Koppenfels weckt diese Art der Grenzziehung auch unschöne Erinnerungen. "Diese neue Berliner Mauer bei uns ist ein Riesenfehler", sagt sie. Sie vergleicht die amerikanische Einwanderungspolitik mit dem Anwerbestopp von Gastarbeitern in Deutschland im Jahr 1974. "Erst wenn man die Grenzen dicht macht, dann bleiben Leute und dann kriegt man ein Integrationsproblem."

Schmelztiegel mit Boden-Recht

Auch in der Vergangenheit ist Einwanderung in die USA nicht immer problemlos verlaufen. Ende des vorletzten Jahrhunderts durften zum Beispiel Chinesen für eine kurze Zeit nicht in die USA einwandern. Und in den späten 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, als er der Wirtschaft schlecht ging, waren Einwanderer allgemein nicht willkommen.

Doch trotz dieser Phasen verstanden und verstehen sich die USA als Einwanderungsland, als Schmelztiegel der Nationen. Wer in den USA geboren ist, ist Amerikaner. Wer englisch spricht, sich zu den amerikanischen Gesetzen und der amerikanischen Geschichte bekennt, gehört dazu. In Deutschland dagegen gilt das Abstammungsrecht. Deutsch ist nur, wer deutsche Eltern hat, auch, wenn er in Deutschland geboren wird.

Einwanderungsland mit Herz

Dabei hat auch die Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten Immigration erlebt. Aber erst vor acht Jahren habe man anerkannt, dass Deutschland ein Einwandererland sei, sagt die türkische Sozialanthropologin Sebnem Koser Akcapar. Sie lehrt am Institut für Internationale Migration in Brüssel und fordert ein Umdenken in Deutschland: "Zuerst müssen wir die Mentalität verändern, einerseits auf der politischen Ebene, aber andererseits auch auf gesellschaftlicher Ebene", sagt sie. Mehr Deutsche müssten mit Immigranten in Kontakt kommen und umgekehrt.

Türken an einem Café-Tisch in Deutschland mit Deutschland-Flagge. Quelle: AP
Türken in Deutschland: Ausländern zeigen, dass sie willkommen sindBild: AP

Die amerikanische Migrationswissenschaftlerin Koppenfels stimmt zu. Anders als die USA stehe Deutschland noch nicht mit voller Überzeugung und mit dem Herzen hinter der Aussage, ein Einwanderungsland zu sein. Man glaube noch nicht daran:

"Es ist schon wichtig, den Einwanderern das Gefühl zu geben, dass sie dazu gehören", sagt sie. "Denn warum sollten Fremde sich einleben und anpassen, wenn sie nicht das Gefühl haben, dass sie willkommen sind.“

Club-Mitglied der Nation

Den Streit um den Einbürgerungstest in Deutschland kann Koppenfels nur begrenzt nachvollziehen. Sie findet einen solchen Test selbstverständlich, schließlich gäbe es das in den USA schon seit 20 Jahren. "Es gibt ja auch fast keinen Club, wo man Mitglied werden kann, ohne dass man irgendetwas macht", vergleicht sie. "Bei einem Club muss man eine Empfehlung von jemandem haben, oder man muss Gebühren zahlen oder man muss erklären, warum man Mitglied sein will. Irgendwas muss was machen, und Staatsbürger werden ist nicht anderes."

Minderheiten fördern

Auch Sebnem Akcapar ist für die Tests, aber sie fordert parallel dazu auch bessere Bildungs- und Jobchancen für Immigranten, die in Deutschland zum größten Teil türkischer Abstammung sind. Die bewusste Förderung von Minderheiten habe schließlich in den USA für die Afro-Amerikaner in den 50er Jahren recht gut funktioniert. "Warum können wir dieses System der gleichen Chancen nicht für die junge Generation der Immigranten in Deutschland einführen?" fragt sie.

Den Vorwurf, dass vor allem die Türken sich nicht integrieren wollen, lässt sie nur für eine kleine Minderheit der älteren Generation gelten. Allerdings beobachtet sie in den türkischen Gemeinschaften eine Art Gruppenzwang, der manchmal verhindert, dass fortschrittliche Eltern ihre Kinder anders erziehen, als es die Tradition vorsieht.

Hilfreich wäre auch, sagt die Wissenschaftlerin, wenn Deutschland nicht auf der Aufgabe der türkischen Staatsbürgerschaft bestehen würde. Auch die US-Gesetze sehen die Abgabe des anderen Passes vor, inzwischen wird diese Vorschrift aber kaum noch eingefordert.

Sprachkurse gratis

Amanda Klekowski von Koppenfels
Amanda Klekowski von KoppenfelsBild: DW

Positiv sei in Deutschland, dass der Staat den Integrationswilligen so viele Möglichkeiten biete, sagt Amanda von Koppenfels. Wer Amerikaner werden will, musste sich bis vor kurzem noch privat um Englischkurse kümmern, was sehr teuer werden kann. Hier lernt man jetzt in den USA dazu - und könnte auch nach Deutschland schauen, so die Amerikanerin.

Die Amerikaner haben den Eindruck, die Deutschen würden von den Immigranten verlangen, die eigenen kulturellen Werte an der Grenze abzugeben. Das sei kontraproduktiv, sagt von Koppenfels. "Ein Stück Heimat soll jeder behalten."

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