Interkultureller Dialog - einmal anders
20. März 2002Mancher Jugendbetreuer weiß schon seit Jahren, wie wichtig das gegenseitige Verstehen von Menschen, vor allem von Jugendlichen verschiedener Kulturen ist, um ein friedliches Zusammenleben in einer immer komplexeren Gesellschaft gewährleisten zu können. Damit dieser Dialog nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, müsse er sich an der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen orientieren, meint Hüseyin Ayvaz, Vorsitzender des Deutsch-Türkischen Jugendwerkes in Frankfurt am Main, das Ende März eine Reise von ausländischen und deutschen Jugendlichen in die Türkei organisiert.
Skinheads auf Entdeckungsreise
Die Gruppe besteht aus 32 Jugendlichen. Die Hälfte von ihnen sind Ausländer, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind. Die anderen sind junge Deutsche, überwiegend aus den neuen Bundesländern, die sich offen zu ihrer Ausländerfeindlichkeit bekennen. Zunächst werden die Jugendlichen zusammen eine Woche im Raum Frankfurt verbringen und dann in die Türkei reisen, um dort Jugendeinrichtungen zu besuchen, ja einfach Land und Leute kennen zu lernen.
Positive Erfahrungen
Das vom Bundesjugendministerium und dem türkischen Generaldirektorat für Sport und Jugend finanzierte Projekt baut auf einen erfolgreichen Erfahrungsaustausch auf: Ayvaz hat schon 1993 eine Reise mit deutschen Skinheads und jungen Türken in seiner Heimat organisiert. Damals erlebte Deutschland gerade eine Welle von Gewalt gegen Ausländer. Die Organisatoren hatten zunächst keine konkreten Erwartungen von der Begegnung, die in sich nicht wenig Konfliktpotenzial barg. Um so größer war nachher die Überraschung: Die Jugendlichen, die bei dieser Maßnahme waren, haben sich zum größten Teil von Gewalt jeglicher Art distanziert, und sind zu der Erkenntnis gelangt, die Probleme und die Konflikte könnten nicht durch Einsatz von Gewalt gelöst werden.
Ausländer sollen Initiative zeigen
Trotz seiner Bemühungen um mehr Verständigung und Begegnungen befürchtet Hüseyin Ayvaz, dass das Thema Ausländer wieder in diesem Wahlkampfjahr missbraucht werde, indem viel über die Köpfe der ausländischen Mitbürger hinweg gesprochen werde. Deshalb appelliert er an die Adresse der Ausländer, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen: "Wir - die Ausländer - sollten endlich mal selbst die Initiative ergreifen, selbst Aktionen veranstalten, die zum Dialog führen."