Merkel kritisiert Trump
29. Januar 2017Kanzlerin Angela Merkel sei "überzeugt, dass auch der notwendige entschlossene Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
US-Präsident Donald Trump hatte am Freitag als ein Kernstück seines Anti-Terrorkampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit.
Merkel erklärt Trump Flüchtlingskonvention
Wie Seibert weiter mitteilte, "bedauert" Merkel die Entscheidung von Donald Trump und drückte diese Haltung auch am Samstag in ihrem 45-minütigen Telefonat mit dem neuen Amtsinhaber im Weißen Haus aus. Die Genfer Flüchtlingskonvention fordere die internationale Staatengemeinschaft auf, Kriegsflüchtlinge aus humanitären Gründen aufzunehmen. "Alle Unterzeichnerstaaten sind dem verpflichtet. Die Bundeskanzlerin hatte diese Politik dem US-Präsidenten in ihrem gestrigen Telefonat erläutert", erklärte Merkels Sprecher.
Die Bundesregierung werde "nun prüfen, welche Folgen die Maßnahme der US-Regierung für deutsche Staatsbürger mit doppelter Staatsangehörigkeit hat, und deren Interessen gegebenenfalls gegenüber unseren amerikanischen Partnern vertreten".
Nach einem zunächst zurückhaltenden Kommentar erklärte auch die britische Premierministerin Theresa May, sie lehne die Entscheidung Trumps ab. Zuvor war May in ihrem eigenen Land kritisiert worden, nachdem sie am Samstag in Ankara nur sagte, die USA seien selbst für ihre Einreisepolitik verantwortlich. Wie ihr Sprecher mitteilte, werde Großbritannien einschreiten, wenn die Einreisebestimmungen Bürger des Vereinigten Königreiches beträfen.
Iran: Spielt Terroristen in die Hände
Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif warnte Trump, das von ihm verhängte Einreiseverbot für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern verschaffe Extremisten Zulauf. "Kollektive Diskriminierung hilft beim Rekrutieren von Terroristen, indem sie die Verwerfungslinien vertieft, die extremistische Demagogen ausnutzen, um ihre Reihen zu verstärken", führte der iranische Außenminister auf Twitter aus.
Nachdem Trump das Einreiseverbot am Freitag per Dekret verhängte, reagierte das iranische Außenministerium am Samstag und wies an, im Gegenzug vorerst keine US-Bürger mehr in den Iran zu lassen. US-Amerikaner, die aber bereits in Besitz eines gültigen Visums seien, dürften einreisen, teilte der Außenminister nachträglich mit. Die iranische Entscheidung gelte im Gegensatz zur US-amerikanischen nicht rückwirkend.
US-Ministerium beugt sich Gerichtsurteil
Das US-Heimatschutzministerium will sich dem Gerichtsurteil der Bundesrichterin Ann Donnelly beugen. Sie verfügte am Samstagabend, dass keiner der seit Freitag an US-Flughäfen eingetroffenen und festgehaltenen Personen ausgewiesen werden darf, wenn er eine gültige Einreiseerlaubnis besitzt. Gegen den Einreisestopp hatten mehrere Bürgerrechtsorganisationen geklagt.
Das Heimatschutzministerium betonte jedoch, dass der Einreisestopp grundsätzlich weiterbestehe. Man werde weiterhin alle Anordnungen des Präsidenten auf eine Art und Weise umsetzen, die "die Sicherheit des amerikanischen Volkes" garantiere, teilte die Behörde mit. Die US-Regierung behalte sich das Recht vor, Visa jederzeit zu annullieren, wenn dies zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit notwendig sei.
ust/mak (dpa, rtr, afp, ap)