Sicherheitstreffen: Viele Krisen, keine Lösung
18. Februar 2018Rufe nach mehr Europa in der Welt und die Angst vor neuen bewaffneten Konflikten haben die Münchner Sicherheitskonferenz dominiert. Einmal mehr prägten die seit Jahren verhärteten Fronten im Nahen Osten, in der Ukraine sowie die Spannungen zwischen den USA und Russland die dreitägige Konferenz. Redner wie Außenminister Sigmar Gabriel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker skizzierten angesichts des Rückzugs der USA unter Präsident Donald Trump als Ordnungsmacht eine fragile internationale Ordnung mit ungewissem Ausgang.
Schweres Geschütz zum Abschluss
Zum Abschluss am Sonntag fuhren Israel und der Iran auf offener Bühne einen Konfrontationskurs. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief dazu auf, sich dem Iran entschlossen entgegenzustellen. Als Beweis für die aggressive Politik von Teheran präsentierter er nicht nur das Trümmerteil einer abgeschossenen Drohne, die aus dem Iran stammen soll. Für Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif fand er zudem drastische Worte: "Herr Sarif erkennen Sie das? Es gehört Ihnen. Sie können es mit einer Botschaft an die Tyrannen mit nach Teheran zurücknehmen: Stellen Sie unsere Entschlossenheit nicht auf die Probe."
Sarif, der bei Netanjahus Rede nicht im Raum war, bezeichnete den Auftritt wenig später als "Zirkus", er warnte aber ebenfalls vor einer bewaffneten Auseinandersetzung im Nahen Osten. Dabei schob er Israel die Schuld zu: "Aktuell ist es so, dass wir ganz nah vor einem eskalierenden Konflikt stehen." Israel falle täglich in den syrischen Luftraum ein. In der Region dürfe es keinen Alleinherrscher mehr geben: "Die Zeit der Hegemonie ist vorbei - regional wie global."
Sarif hatte in München einen schweren Stand. Kritik am Iran kam nicht nur von Israels Premier Netanjahu, sondern auch vom saudischen Außenminister Adel al-Dschubair. Die Denkweise, nach dem Atomabkommen werde der Iran sein Verhalten verändern, sei eine Fiktion. Im Atomabkommen von 2015 hatte sich Iran verpflichtet, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu beschränken, um keine Atomwaffe bauen zu können. Im Gegenzug wurden die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben.
"Gefährlicher Abgrund"
Bereits am Freitag und Samstag hatten viele europäische Politiker vor allem ihren Wunsch nach mehr militärischer Eigenständigkeit der EU betont - auch als Reaktion auf die Politik von US-Präsident Trump. Gabriel forderte, Europa müsse in der Welt mehr Machtbewusstsein entwickeln, da diese an einem gefährlichen Abgrund stehe. Der Syrien-Konflikt bewege sich nach sechs blutigen Jahren als Bürger-und Stellvertreterkonflikt in eine Richtung, "die akute Kriegsgefahr selbst für unsere engen Partner" bedeutet.
Der einzige hochrangige Redner der US-Regierung, Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster, drohte dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad weitere Vergeltungsschläge für Chemiewaffeneinsätze im Bürgerkrieg an. "Fotos zeigen ganz klar, dass Assad weiter Chemiewaffen einsetzt", sagte der Berater von Trump. Alle Staaten müssten die Assad-Regierung dafür verantwortlich machen. Russland gilt als Verbündeter von Assad.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte EU, NATO und die USA zu einem respektvollen Umgang mit seinem Land auf. Es werde "Propaganda" betrieben, der wachsende Einfluss Russlands werde nur negativ gesehen. Dabei wolle Russland ein verlässlicher Partner sein. "Wir sind bereit, in einen offenen, von Respekt getragenen Dialog einzutreten."
Wie kann es besser werden?
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz zog ein ernüchterndes Fazit der Diskussionen. Man habe gehört, was in der Welt falsche laufe, was die Gefahren seien und was man vermeiden wolle, sagte Wolfgang Ischinger zum Abschluss der dreitägigen Konferenz. Aber man habe nicht genug zu konkreten Schritten gehört, die eine Verbesserung der düsteren Perspektiven herbeiführen könnten.
Bei der Sicherheitskonferenz hatten seit Freitag rund 500 Politiker und Experten über die großen Konflikte und Krisen der Welt diskutiert. Aus der Bundesregierung waren unter anderen Außenminister Sigmar Gabriel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vertreten.
haz/cw (afp, rtr, dpa)