Ausländischer Führungskräfte
7. März 2013Es muss sich etwas ändern - und zwar schnell. So in etwa könnte man die jüngsten Ankündigungen aus dem Hause Daimler in Sachen Personalpolitik übersetzen: "Es wird mehr Projekte als bislang außerhalb Deutschlands und mit ausländischen Partnern geben", kündigt Personalvorstand Wilfried Porth an. Dazu werde aktuell das interne Führungskräfte-Nachwuchsprogramm umgebaut, in dem jährlich bis zu 500 Jungmanager ausgebildet werden. Hier wolle man den Anteil ausländischer Teilnehmer von bisher rund einem Drittel auf die Hälfte erhöhen. Wann dieser Anteil erreicht werden soll und welche Managerpositionen damit später besetzt werden sollen, stehe jedoch noch nicht fest.
Für Beobachter der Branche sind Änderungen wie diese längst überfällig: Erfolgreich sind für die Industrie zurzeit vor allem die Märkte in Übersee, speziell Nordamerika und China. Das Pkw-Geschäft in Europa stagniert dagegen seit Jahren.
Der Zeit hinterher
Doch anders als die Konkurrenz habe Daimler wichtige Trends verpasst, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach - speziell, auch wenn es darum geht, sich optimal auf die jeweiligen Regionen einzustellen: "Da werden landeskundliche Mitarbeiter gebraucht, die den Markt und dessen Besonderheiten verstehen."
Als konkretes Beispiel nennt Bratzel Brasilien - ein sehr großes Land mit ganz unterschiedlichen Landschaftsregionen und zum Teil sehr schlechten Straßen. Da müsse man als Autohersteller bestimmte Antriebstechnologien im Sortiment haben, in Brasilien spiele zudem Ethanol als Kraftstoff eine ganz wichtige Rolle, sagt der Automobilexperte.
Kulturelle Vielfalt als Veränderungsmotor
Dass ein internationales Management tatsächlich einer der Schüssel zum Erfolg sein kann, bestätigt auch Torsten Wulf, Experte für strategisches und internationales Management an der Universität Marburg. Er nennt als Beispiel Bertelsmann: "Die sind in China beispielsweise relativ stark und arbeiten dort viel mit chinesischen Führungskräften."
Aber auch für Führungsetagen daheim in Deutschland habe ein internationales Management wichtige Vorteile: "Bei Menschen, die einen anderen Hintergrund mitbringen, führt das auch dazu, dass sich die Herangehensweise an Führungsfragen ändert. Deswegen nutzen auch so viele Konzerne diese Möglichkeiten."
Zu den prominenten Fällen internationaler Führungskräfte in Deutschland zählt Kaspar Rorsted. Seit 2008 ist der Däne Vorstandsvorsitzender bei Henkel und hat, so Wulf, die Unternehmenskultur nachhaltig verändert: "In den skandinavischen Staaten gibt es eine andere Art, mit Arbeitszeitmodellen umzugehen - zum Beispiel auch mit Führungskräften in Teilzeit." Das habe natürlich Einfluss auf die Unternehmenskultur. Gerade wenn Veränderungen von der Spitze kommen, sei es auch einfacher, diese durchzusetzen.
Kein einheitlicher Trend auf deutschen Vorstandsetagen
Ein Blick in die Vorstandsetagen der 30 Dax-Unternehmen zeigt dabei: Auch auf höchster Ebene findet die Internationalisierung sehr unterschiedlich statt. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners von 2012 sind Daimler, aber auch andere global tätige Konzerne wie Lufthansa, Commerzbank oder der Logistik-Dienstleister Merck ausschließlich mit Deutschen besetzt. Spitzenreiter dagegen ist Fresenius Medical Care mit 86 Prozent internationalen Vorstandsmitgliedern, gefolgt von Linde und SAP mit jeweils 60 Prozent.
Im Durchschnitt kommen damit knapp 30 Prozent aller Vorstände der Dax-Unternehmen aus dem Ausland. Das bedeutet zwar eine Verdoppelung seit dem Jahr 2000, doch seit drei Jahren stagnieren die Zahlen.Dies hat vor allem zwei Gründe, sagt Jan Merkel, Senior Consultant bei Simon-Kucher & Partners. Zum einen herrsche immer noch eine oft konservative Besetzungspolitik, außerdem gebe es immer noch die Gefahr von Sprachbarrieren: "Selbst wenn im Vorstand jeder mit Englisch als Managementsprache vertraut ist, erschwert es trotzdem die Kommunikation mit den Mitarbeitern, wenn ich nicht in der Muttersprache sprechen kann", so Merkel.
Mehr Internationalität am besten also auf allen Ebenen des Managements - zumindest bei Daimler ist man auch mit Blick auf die vorn liegende Konkurrenz nun dazu bereit, sagt Konzernsprecher Markus Mainka: "Es geht darum, dass wir das globale Geschäftsmodell auch in der Führungsstruktur abbilden möchten, um die lokalen Gegebenheiten, die Märkte und Bedürfnisse der Kunden vor Ort besser zu verstehen und dann entsprechende Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können." Wann allerdings auch der Daimler-Vorstand ein internationales Mitglied bekommt, ist damit noch nicht gesagt.