Jamie Oliver erklärt "Superfood"
13. November 2015DW: Was kocht der Chefkoch Jamie Oliver am liebsten?
Jamie Oliver: Ich mag einfaches, rustikales Essen, bei dem man sich wohl fühlt. Essen, das entspannt, aber neugierig macht. Ich möchte die Natur nicht zu sehr beeinflussen. Es gefällt mir sehr, wenn ich nicht zu viel antasten muss. Wahrscheinlich geht mehr Zeit dafür drauf, Lebensmittel zu finden und zu kaufen, als etwas daraus zu machen. Aber ich liebe es sehr. Und ich liebe die Tatsache, dass Essen wirklich alles sein kann: die Michelin-Köche, die Unglaubliches daraus machen - und "Street-Food"-Köche, die heutzutage auf gleichem Niveau kochen. Wirklich aufregend, überall auf der Welt. Es ist eine tolle Branche, die sich permanent entwickelt.
Hatten Sie schon in jungen Jahren eine Mission? Wie sieht das heute aus?
Ich wollte nie ins Fernsehen, war auch nie politisch oder ein Vorkämpfer. Aber was vor 17 Jahren passierte - damals mit der "The Naked Chef"-Sendung, auch in Deutschland - das war schon verrückt. Es war ein Schlüsselerlebnis mit einer neuen Generation von Köchen: etwas weiblicher, etwas natürlicher, ein bisschen lotteriger. Es ging mehr darum, wie zuhause gekocht wird, weniger ums Restaurant.
Aber vor allem fing ich an, mich mit Menschen aus aller Welt zu unterhalten. Das verändert einen nachhaltig. Man schätzt umso mehr die Kultur und gutes Essen weltweit.
Über die jeweilige Landesküche bekommt man einen guten Einblick in ein Land - sie zeigt aber auch die Probleme auf, wenn Leute zum Beispiel krank werden, wenn Typ-2-Diabetes zur Volkskrankheit wird, so wie heutzutage in Deutschland und in Großbritannien. Man trifft Leute, die die Art, wie man denkt, umkrempeln. Darüber muss man einfach reden. Nicht, dass ich es wollte: Ich kann es nicht nicht tun.
"Jamies Superfood für jeden Tag" habe ich geschrieben, weil die Menschen wirklich verwirrt waren. Welche Fette sind gut, welche schlecht? Wie ist es mit industriell verarbeiteten Lebensmitteln? Sind Kohlenhydrate schlecht für die Gesundheit und machen sie dick? All das wurde ich gefragt.
Also hatte ich das Gefühl, ich müsste Licht in die Debatte bringen - und eins führte zum anderen. Wir haben mit Wissenschaftlern und Professoren gesprochen. Wir sind in die Gegenden gereist, wo die ältesten Menschen leben - mit denen haben wir tatsächlich Partys gefeiert. Es war unglaublich. Diese Leute hatten alle einen Garten. Sie aßen selten Fleisch - aber wenn, dann nur von bester Qualität. Ihr Essen ist ziemlich einfach, farbenfroh und lecker. Wo man doch heutzutage alle Lebensmittel überall kaufen kann, empfand ich es als Ehre, einen Hundertjährigen zu fragen: "Was ist Dein Geheimnis?" Und er antwortete: "Eier, Eier sind unglaublich! Erstaunliche Proteine, jeden Morgen!" Und das 100 Jahre lang! Das hat mich inspiriert, dieses Buch zu Ende zu schreiben.
Ein Buch über "Superfood": Springen Sie damit nicht nur auf einen fahrenden Zug auf?
Also, Superfood ist schon seit 5 oder 10 Jahren ein Begriff, aber keiner kommuniziert Essen so gut wie ich - in 110 Ländern weltweit und auf 220 Plattformen. Inspiriert werde ich von der Öffentlichkeit und meinen eigenen Erfahrungen. Wenn ich damit auf einen fahrenden Zug aufspringe, dann macht mich das sehr stolz. Ich hoffe, Millionen von Menschen diese Werte näher zu bringen.
Nehmen Sie nur einmal das Konzept "Superfood": Was ist das? Oft denkt man da nur an Quinoa, Chia-Samen und Goji-Beeren. Aber Superfood hat nicht nur eine Zutat, keine einzelne Zutat beinhaltet alles.
Eigentlich ist es so: Die meisten Menschen, die wirklich alt werden, wissen einfach, wie man Speisen schmackhaft und gesund zubereitet. Sie essen weniger verarbeitetes Fleisch und mehr Vollkorn - und schon haben sie mehr Qualität.
Zwei Dinge sind noch interessant: Die Menschen, die am längsten leben, haben oft nicht viel Geld. Und die Menschen, die mir die besten Mahlzeiten meines Lebens zubereitet haben, hatten auch nie viel Geld.
Die Idee, dass es in Wirklichkeit um Wissen geht, gefällt mir sehr gut: Das ist der Mehrwert, das ist der Luxus. Ich bin davon überzeugt: Wenn man kochen kann, spielt es keine Rolle, ob man arm ist oder reich - man wird seine Familie vernünftig ernähren, Partys feiern und essen wie ein König. Das habe ich so erlebt.
Das Interview führte Sharon Berkal.