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Gemischte Reaktionen in Deutschland

8. August 2014

Parteien, Kirchen und Hilfsorganisation verurteilen die Gewalttaten der Dschihadisten im Nordirak einmütig. Ob der Einsatz der US-Luftwaffe aber wirklich hilft, darüber gehen die Meinungen auseinander.

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Offensive der IS-Kämpfer bei Tikrit (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Echte Überzeugung klingt anders. Aber angesichts der "neuen Dimension des Schreckens" scheinen auch für Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) Luftschläge das einzige Mittel, um ein Vorrücken der Gruppe "Islamischer Staat" (IS) zu stoppen und Fluchtwege zu öffnen. "Jetzt geht es darum, einen Genozid zu verhindern und die betroffenen Menschen aus ihrer Notlage zu befreien", erklärte Steinmeier.

Damit kommt nach Frankreich und Großbritannien auch aus Deutschland Rückendeckung für die Entscheidung der USA, mit Luftangriffen in den Konflikt einzugreifen. Steinmeier hatte zuvor immer wieder eine politische Lösung des Konflikts angemahnt und auf die Durchsetzungskraft einer neuen Regierung im Irak gehofft. Experten machen den seit Monaten schwelenden politischen Machtkampf in Bagdad dafür verantwortlich, dass die IS im Irak so schnell militärische Erfolge verzeichnen konnte.

Angst vor zivilen Opfern

Ablehnung für die Intervention der USA kommt dagegen von der Opposition im Bundestag. "Die Luftangriffe der USA sind in der jetzigen Situation nicht der richtige Weg. Dabei drohen auch unschuldige Zivilisten zu sterben", erklärte die Abgeordnete Ulla Jelpke von der Linksfraktion. Diese Einschätzung teilt auch Maria Haarmann. Die Nahost-Expertin der katholischen Hilfsorganisation Misereor befürchtet, dass sich die Terroristen der IS in bewohnten Gebieten unter die Bevölkerung mischen werden. Deshalb sollten erst einmal alle anderen Mittel ausgeschöpft werden.

Welche Maßnahmen noch unternommen werden könnten, ist allerdings die große Frage in diesem schwierigen Konflikt. Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, forderte die internationale Gemeinschaft und vor allem die EU dazu auf, Druck auf Länder auszuüben, welche die IS mit Waffen und Geld unterstützen. Und auch die finanziellen Hilfen durch Privatpersonen aus Europa müssten gestoppt werden. "Das Ziel muss sein, die direkte oder indirekte Unterstützung für die Gruppe aus Deutschland und anderen europäischen Ländern wirksam zu unterbinden", erklärte der stellvertretende Präsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP).

Appell zur Aufnahme von Flüchtlingen

Omid Nouripour setzt dagegen auf eine innerstaatliche Lösung des Konflikts. Der außenpolitische Sprecher der Grünen forderte den umstrittenen irakischen Regierungschef Nuri al-Maliki auf, nicht länger auf seiner Wiederwahl zu bestehen. Nur eine von allen Bevölkerungsgruppen akzeptierte neue Regierung könne erfolgreich gegen die IS vorgehen, erklärte er.

Unterschiedliche Meinungen gibt es auch zur Frage, wie man auf die Vertreibung der vielen tausend Jesiden und Christen in der Region reagieren sollte. Die Bundesregierung stellte 2,9 Millionen Euro für die Bewältigung des Flüchtlingsdramas zur Verfügung. Weitere Hilfen seien möglich. Zu einer möglichen Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Krisengebiet wollte sie sich allerdings nicht äußern.

Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) warb hingegen im DW-Interview dafür, mehr Christen aus dem Irak in Deutschland aufzunehmen. Unterstützung bekam sie dabei von Katrin Göring-Eckardt. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen sprach sich ebenfalls für die Aufnahme vertriebener Iraker aus, lehnte aber eine Unterscheidung zwischen Christen und Nicht-Christen ab. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben die Angriffe der Dschihadisten in der Provinz Ninive eine Massenflucht von etwa 200.000 Menschen ausgelöst.

djo/gri (dpa, epd, rtr)