Irak: Gewalttätiger Machtkampf der Schiiten
Die Krise im Irak dauert schon Monate - jetzt ist sie eskaliert: In Bagdad haben sich Anhänger des schiitischen Predigers Muktada al-Sadr schwere Kämpfe mit Iran-treuen Milizen geliefert. Sie ringen um die Regierung.
Kampf mit Stöcken und Steinen...
Die Grüne Zone war einst der bestbewachte Ort in Bagdad. Jetzt ist das Regierungsviertel zum Kampfplatz rivalisierender schiitischer Gruppen geworden. Die Milizen des einflussreichen Schiitenführers Muktada al-Sadr hatten ein Protestlager errichtet und wollten gegnerischen schiitischen Gruppen nicht das Feld überlassen.
... und Maschinengewehren
Bis in den Dienstagmorgen lieferten sich schiitische Gruppen und Sicherheitskräfte teils schwere Feuergefechte. Jisar al-Maliki, Analyst beim Middle East Economic Survey, gab dennoch Entwarnung: Dass der Konflikt sich zu einem "Bürgerkrieg unter Schiiten" ausweite, sei unwahrscheinlich. In der Tat hat al-Sadr seine Anhänger mittlerweile aufgefordert, ihr Protestlager zu räumen - was sie taten.
Charismatische Führungsfigur
Auslöser der Unruhen war al-Sadrs Ankündigung, sich aus der Politik zurückzuziehen. Seine Bewegung war bei der Parlamentswahl im Oktober stärkste Kraft geworden, konnte jedoch keine Regierung bilden. Al-Sadr - einst Verbündeter, jetzt scharfer Kritiker des Iran - weigerte sich, mit Iran-treuen Parteien zu kooperieren. Die politische Pattsituation spitzte sich über Monate hinweg immer mehr zu.
Plantschen im Regierungspool
Bereits am Montag hatten tausende Anhänger al-Sadrs die Grüne Zone gestürmt und Regierungsgebäude besetzt. Einige sprangen auch in die Schwimmbecken - vorübergehende Abkühlung in einem heißen Land und einer erhitzten politischen Situation.
Oberflächliche Ruhe
Ab Montagnachmittag hatte in Bagdad und ab dem Abend im ganzen Land eine Ausgangssperre gegolten. Sie wurde offenbar nicht eingehalten, auch wenn diese Straße in Bagdad menschenleer ist. Doch die Nacht über waren Feuersalven zu hören. Es soll mindestens 23 Tote und 380 Verletzte gegeben haben.
Opfer des Machtkampfes
Ein junger Mann trauert am einem Sarg während einer Zeremonie für die Opfer der Kämpfe. Seit der US-geführten Invasion im Jahr 2003 wird der Irak nach einem konfessionellen Proporzsystem regiert, nach dem das Amt des Ministerpräsidenten den Schiiten vorbehalten ist. Besonders problematisch wird dieses Konstrukt, wenn schiitische Gruppen sich nicht auf einen Regierungschef einigen können.