Irans Kampf gegen IS
3. Dezember 2014Das US-Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag (02.12.2014), dass es Hinweise auf Angriffe iranischer Kampfflugzeuge vom Typ F-4 Phantom auf Stellungen des sogenannten "Islamischen Staates" (IS) gegeben habe. Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira hatte zuvor Bilder von Kampfflugzeugen gezeigt, die in der irakischen Grenzprovinz Dijala Ziele bombardierten. Die Maschinen glichen iranischen F-4-Jagdflugzeugen.
Die iranische Außenamtssprecherin Marsieh Afcham bestätigte die Berichte am Mittwoch (03.12.2014) nicht. Gegenüber der Nachrichtenagentur reuters wurde ein hochrangiger Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte, deutlicher: "Der Iran ist niemals an Luftschläge gegen den IS im Irak beteiligt gewesen."
IS als Gegner
So unklar die Lage im Fall der Luftschläge ist, unstrittig ist, dass der Iran in der Terrormiliz IS eine Bedrohung sieht und auf verschiedenen Ebenen gegen das Kalifat vorgeht. Der IS sei eine Gefahr für den gesamten Nahen Osten, wie Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif im September in einem Interview mit dem iranischen Staatsfernsehen betonte. Der Regierung im Irak müsse bei der Terrorismusbekämpfung geholfen werden, so Sarif. Er appellierte für eine umfassende internationale Aktion gegen die Terrormiliz. Eine Zusammenarbeit mit den USA gegen den IS wollte er dabei nicht ausdrücklich ausschließen.
Inoffiziell habe diese jedoch schon längst begonnen, meint Houschang Hassan Yari, Professor für Politische Wissenschaft am Royal Military College of Canada (RMC-C). "Washington weiß über alle iranischen Aktivitäten im Irak Bescheid. Der Iran muss die USA nicht um Erlaubnis bitten, wenn er im Irak tätig wird. Aber Teheran würde nicht im Irak agieren, ohne die USA darüber zu informieren. Beide Staaten haben nun ein gemeinsames Ziel und das heißt: die Terrormiliz 'Islamischer Staat' zu besiegen," so Hassan Yari gegenüber der DW.
Waffenlieferungen und Eliteeinheiten
So beliefert auch der Iran schon seit einiger Zeit die Kurden im Nordirak mit Waffen. Am 27. August bestätigte Massud Barsani, der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak, was längst vermutet wurde: Barsani zufolge war der Iran sogar das erste Land, das militärisches Material zur Abwehr des IS in den Nordirak geschickt hat. Dabei verbietet ein seit Jahrzehnten bestehendes US-Waffenembargo den Import und Export von Rüstungsgütern und Wehrmaterial nach und aus dem Iran. Die Waffen-Lieferungen für den Irak hatte Teheran offiziell nie bestätigt.
Arabische und US-amerikanische Medien berichten darüber hinaus von iranischen Soldaten, die im Irak an der Seite kurdischer Einheiten gegen die Extremisten kämpfen.
Diese Operationen sollen von Qassem Soleimani persönlich geleitet werden. Soleimani ist Kommandeur der Quds-Brigaden, einer für Auslandseinsätze zuständigen Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden. Teheran hat allerdings wiederholt die Teilnahme iranischer Soldaten im Kampf gegen IS im Nachbarland dementiert. Angesichts der Tatsache, dass die ultrakonservative, sunnitische IS-Miliz bereits große Teile Nordiraks erobert hat und kurz vor den iranischen Grenzen steht, hält Houschang Hassan Yari Irans Dementi jedoch für nicht sehr glaubhaft: "Die IS-Miliz ist eine ernsthafte Bedrohung für den Iran. Sie will weitere Gebiete unter ihre Kontrolle nehmen. Auch der Iran soll ein Teil des Islamischen Staats werden. Doch der Iran würde derartige Auslandseinsätze seiner Eliteeinheiten nie zugeben."
Sorge um eigene sunnitische Minderheiten
Die Stabilität des überwiegend schiitischen Nachbarlands Irak ist für den Iran von großer Bedeutung. Nicht nur weil jährliche hunderttausende Iraner zu den heiligen Stätten der Schiiten in Nadschaf und Kerbala pilgern. Der Iran besitzt selbst größere sunnitische Minderheiten, insbesondere entlang der knapp 1.500 Kilometer langen Grenze zum Irak. Während im Norden vor allem sunnitische Kurden beheimatet sind, leben im ölreichen Südiran eher arabischstämmige Minderheiten. Sie klagen schon seit Jahren darüber, von Teheran diskriminiert zu werden. Sie fordern mehr sprachliche und kulturelle Rechte und eine Beteiligung an den Gewinnen aus der Ölförderung.
Die Kurden im Norden wiederum träumen von der Schaffung eines unabhängigen Kurdistan, das Teile der Türkei, Syriens und des Iraks umfassen soll. Auch deshalb hat die Regierung in Teheran ihre Grenztruppen Ende Juli in Alarmbereitschaft versetzt. Die Unterstützung der Kurden im Iran sei auch eine strategische Entscheidung, erläutert der iranische Nahost Experte Hassan Hashemian: "Der Iran will im Kampf gegen die IS-Terroristen seine eigene Koalition bilden. Die Kurden sollen dadurch beruhigt werden, dass die Zentralregierung in Teheran ihnen im Kampf gegen IS zur Seite steht und sie genauso unterstützt wie die westlichen Länder. Nun ist die Frage, in wie weit die arabisch-stämmigen Sunniten und die arabischen Länder der Region diese Koalition akzeptieren und unterstützen", so Hashemian weiter.