IS-Massengräber im Irak entdeckt
16. Dezember 2017Im Nordwesten des Iraks sind zwei Massengräber mit Opfern der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gefunden worden. Insgesamt seien im dortigen Sindschar-Gebirge rund 90 Leichen verscharrt gewesen, meldet die kurdische Nachrichtenseite Rudaw. In der Region leben vor allem Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden. Ein Kämpfer einer lokalen Miliz erklärte, bei den meisten Opfern handele es sich um junge Männer, die gegen den IS gekämpft hätten. Unter den Leichen seien aber auch getötete Frauen und Kinder.
Die Extremisten hatten das Sindschar-Gebirge im Sommer 2014 überrannt und dabei tausende Jesiden getötet oder verschleppt. Zehntausende Menschen flohen vor der Terrormiliz. Ende 2015 konnten kurdische Peschmerga-Kämpfer große Teile des Gebiets erobern. Im Oktober übernahmen irakische Regierungstruppen wieder die Kontrolle über das Gebiet.
Jedes zweite Entführungsopfer noch gefangen oder vermisst
Mehr als 3000 Jesiden, die vor drei Jahren vom IS im Nordirak entführt wurden, sind noch immer in Gefangenschaft oder gelten als vermisst. Nur etwa die Hälfte der insgesamt rund 6400 entführten Jesiden konnte befreit werden oder selbst ihren Peinigern entkommen, wie das Ministerium für religiöse Angelegenheit im irakischen Kurdengebiet vor zwei Wochen mitteilte.
Unter den Gefangenen seien mehr als 1500 Frauen und Mädchen sowie 1700 Männer und Jungen, so das Ministerium. Mehr als 2500 Kinder hätten mindestens einen Elternteil verloren, in den meisten Fällen den Vater. Die Eltern von 220 Kindern befinden sich demnach noch in IS-Gefangenschaft.
Mehr als 40 Massengräber
Erst Anfang Dezember war das paramilitärische schiitische Bündnis Hasched al-Schaabi auf zwei Massengräber in der Sindschar-Region gestoßen. In dem Dorf Kabussi im Süden Sindschars fanden die Kämpfer nach eigenen Angaben ein Massengrab mit den Leichen von 20 Frauen und etwa 40 Kindern. In dem Wohnkomplex Dschasira in derselben Gegend seien weitere 80 Leichen gefunden worden.
Insgesamt wurden in verschiedenen Bereichen der Jesidenregion mehr als 40 Massengräber entdeckt, wie Zahlen der irakischen Regierung ausweisen. 68 religiöse Gebäude der Jesiden wurden zerstört. Von 550.000 Jesiden im Irak haben demnach 100.000 das Land verlassen, 360.000 leben inzwischen in der Kurdenregion im Irak oder in Syrien.
Die Jesiden glauben an einen einzigen Gott. Im Zentrum ihres Glaubens steht der Engel Melek Taus. Weil die Islamisten in dem Engel eine Dämonenfigur sehen, betrachten sie die Jesiden als "Teufelsanbeter".
jj/as (dpa, afp)