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Islamunterricht: Start mit Hindernissen

Ulrike Hummel10. März 2013

Seit diesem Schuljahr wird an ausgesuchten Schulen islamischer Religionsunterricht erteilt. Doch nur wenige Grundschüler besuchen das Fach. Grund dafür ist ein massiver Lehrermangel.

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Islamischer Religionsunterricht e in Duisburg (Foto: DW/Uli Hummel)
Bild: Ulrike Hummel

Es ist kalt an diesem Mittwoch in Duisburg-Marxloh. Mit Mützen, dicken Schals und Handschuhen stürmen 18 muslimische Grundschüler der Klasse 2a den Unterrichtsraum von Huseyin Cetin. Mit einem rührend anmutigen Lied huldigen sie dem lieben Gott, der hier „Allah“ heißt. Danach dreht sich alles um das Thema Hilfsbereitschaft. Wer seinen Eltern zuhause schon einmal bei der Hausarbeit geholfen hat, will der Lehrer wissen. Gleich mehrere Schülerinnen und Schüler recken den Finger in die Höhe.

Seit Beginn dieses Schuljahres heißt Cetins Unterricht nicht mehr „Islamkunde“ sondern "Islamischer Religionsunterricht“. Nordrhein-Westfalen hat kürzlich als erstes Bundesland den islamischen Religionsunterricht eingeführt. Doch es gibt Anlaufschwierigkeiten: 100.000 muslimische Grundschüler gibt es an Rhein und Ruhr, doch nur 2000 können unterrichtet werden - gerade mal zwei Prozent. Der Grund: Es fehlt an Lehrern. Und das war erwartbar.

Bis zur flächendeckenden Versorgung dauere es noch ein bisschen, räumt Landesschulministerin  Sylvia Löhrmann (Die Grünen), ein. "Aber was wäre die Alternative gewesen? Wir hätten ja schlecht erst Lehrkräfte ausbilden können, ohne zu wissen, ob wir das Fach überhaupt haben werden." Zunächst brauchte es eine gesetzliche Grundlage, sagt die Ministerin. Die Folge: Die Einführung des Unterrichts geht nur schrittweise.

Vorwissen der Schüler unterschiedlich

Mehr noch: Die Ausbildung von islamischen Religionspädagogen an deutschen Universitäten hat gerade erst begonnen. Die ersten Absolventen der Universität Münster stehen frühestens im Jahr 2017 bereit.

Titel: Huseyin Cetin Schlagworte: Islamlehrer, GGS Sandstraße, Duisburg-Marxloh Wer hat das Bild gemacht/Fotograf?: Ulrike Hummel Wann wurde das Bild gemacht?: 2013 Wo wurde das Bild aufgenommen?: Duisburg-Marxloh Bildbeschreibung: Huseyin Cetin, Islamlehrer in NRW Rechteeinräumung: Hiermit räume ich der Deutschen Welle das Recht ein, das/die von mir bereitgestellte/n Bild/er zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkt zu nutzen. Ich versichere, dass ich das/die Bild/er selbst gemacht habe und dass ich die hier übertragenen Rechte nicht bereits einem Dritten zur exklusiven Nutzung eingeräumt habe. Vollständiger Name des Zulieferers: Ulrike Hummel Postanschrift inkl. Land: Zülpicher Wall 36, 50674 Köln Mail-Adresse: ulihummel@web.de
Leherer Huseyin CetinBild: Ulrike Hummel

Huseyin Cetin unterrichtet Zweitklässler in Duisburg-Marxloh, als einer von 40 "fertigen" Islamlehrern in Nordrhein-Westfalen. Er hat Theologie und Lehramt an der türkischen Uludag-Universität in Bursa studiert und seit 1999 Erfahrungen als Islamlehrer an verschiedenen Pilotschulen gemacht. Das Vorwissen seiner Schüler ist ganz unterschiedlich, sagt er, je nachdem wie oft die Kinder den Moscheeunterricht besucht haben. Auch hängt das Vorwissen vom jeweiligen Herkunftsland der Schüler ab.  "Unsere Aufgabe ist es, diese unterschiedlichen Vorkenntnisse zu vereinheitlichen und die Fehlinformationen, die es auch gibt, zu korrigieren“, sagt Huseyin Cetin. So erfülle der islamische Religionsunterricht an Schulen eine wichtige Funktion.

Quereinsteiger als Zwischenlösung                

Was aber ist mit 98 Prozent muslimischer Grundschüler, die noch keinen islamischen Religionsunterricht erhalten? Bleiben ihnen nur Koranschulen und Moscheen? Oder müssen die Eltern sie über der Islam aufklären?

Titel: Mouhanad Khorchide Schlagworte: Khorchide, Uni Münster, Islamische Religionspädagogik Wer hat das Bild gemacht/Fotograf?: Ulrike Hummel Wann wurde das Bild gemacht?: 2012 Wo wurde das Bild aufgenommen?: Münster Bildbeschreibung: Mouhanad Khorchide bildet in Münster Islamlehrer aus. Rechteeinräumung: Hiermit räume ich der Deutschen Welle das Recht ein, das/die von mir bereitgestellte/n Bild/er zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkt zu nutzen. Ich versichere, dass ich das/die Bild/er selbst gemacht habe und dass ich die hier übertragenen Rechte nicht bereits einem Dritten zur exklusiven Nutzung eingeräumt habe. Vollständiger Name des Zulieferers: Ulrike Hummel Postanschrift inkl. Land: Zülpicher Wall 36, 50674 Köln Mail-Adresse: ulihummel@web.de
Mouhanad KhorchideBild: Ulrike Hummel

Etwa 10.000 Schüler aller Jahrgangsstufen besuchten derzeit auch den Islamkundeunterricht, rechnet Schulministerin Sylvia Löhrmann vor. Dieser ist, anders als der islamische Religionsunterricht, nicht bekenntnisorientiert. Doch auch dafür werden Lehrer gebraucht. Mouhanad Khorchide bildet an der Universität Münster die ersten islamischen Religionspädagogen aus. Auch er plädiert für die Zwischenlösung des Schulministeriums: Derzeit finden Fortbildungs- und Zertifikatskurse statt, die weitere Lehrkräfte für Islamkunde hervorbringen. "Einerseits werden Quereinsteiger – also Muslime, die Islamwissenschaft studiert haben – fortgebildet, um anschließend Religionsunterricht zu erteilen. Die andere Gruppe, die in meinen Augen noch wichtiger ist, sind die vielen muslimischen Lehrkräfte, die etwas anderes unterrichten“, sagt Mouhanad Khorchide. Sie erhalten ebenfalls Fortbildungen und können im Anschluss im Unterricht eingesetzt werden.

Mangel an Lehrmaterialien

Einer dieser Quereinsteiger ist Aziz Fooladvand. In Bonn unterrichtet er an mehreren Schulen Islamkunde, vor allem in höheren Klassen. „Uns fehlt es an Lehrmaterial“, klagt er. Zwar gebe es ein Lehrbuch namens „Saphir“, das für die fünfte und sechste Klasse konzipiert sei, doch für höhere Stufen sei schlicht kein Lehrmaterial vorhanden. An der Bonner Freiherr-von-Stein Realschule unterrichtet der Politik- und Islamkundelehrer die fünfte bis zehnte Klasse. "Ich suche die Themen für alle Jahrgangsstufen selbst aus. Aber das ist mühsam und kostet viel Zeit“, sagt Aziz Fooladvand. Prombelmatisch sei auch, dass es für den Islamkundeunterricht in höheren Stufen noch keine einheitlichen Lehrpläne gebe.

Titel: Aziz Fooladvand Schlagworte: Islamkunde, Bonn, Islamunterricht Wer hat das Bild gemacht/Fotograf?: Ulrike Hummel Wann wurde das Bild gemacht?: 2013 Wo wurde das Bild aufgenommen?: Köln Bildbeschreibung: Quereinsteiger Aziz Fooladvand Rechteeinräumung: Hiermit räume ich der Deutschen Welle das Recht ein, das/die von mir bereitgestellte/n Bild/er zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkt zu nutzen. Ich versichere, dass ich das/die Bild/er selbst gemacht habe und dass ich die hier übertragenen Rechte nicht bereits einem Dritten zur exklusiven Nutzung eingeräumt habe. Vollständiger Name des Zulieferers: Ulrike Hummel Postanschrift inkl. Land: Zülpicher Wall 36, 50674 Köln Mail-Adresse: ulihummel@web.de
Aziz Fooladvand, Fachlehrer für IslamkundeBild: Ulrike Hummel

Kinder und Jugendliche, die in der Schule keinen Religionsunterricht erhalten, würden vielfach durch das Elternhaus, die islamischen Gemeinden und in Koranschulen unterwiesen. "Ich versuche, in meinem Unterricht tradiertes Wissen auch kritisch zu hinterfragen, was vielfach zu hitzigen Diskussionen führt, aber dennoch produktiv ist. So etwas findet natürlich in den Familien und Moscheegemeinden nicht statt." Dort sei die religiöse Praxis nicht methodisch-didaktisch fundiert, überliefertes Wissen werde nicht hinterfragt. Hinzu kommt, dass die jeweiligen Herkunftsländer der Eltern unterschiedliche religiöse Prägungen hätten. Darüber aufzuklären, wäre eigentlich Aufgabe der Schulen.

Wichtiges Zeichen der Anerkennung

Trotz des - zahlenmäßig bescheidenen - Anfangs zieht Mouhanad Khorchide eine positive Zwischenbilanz. Bei den Studenten will er ein reges Interesse am Studienfach beobachtet haben. In muslimischen Kreisen sei der islamische Religionsunterricht sehr gut angekommen. "Das wird auch als Zeichen der Anerkennung des Islams und der Muslime als gleichberechtigte Bürger dieses Landes gewertet“, so Khorchide. Endlich werde über Inhalte gesprochen.