Island: Ein kleines Volk hat die Wahl
29. Oktober 2016Beobachter rechnen damit, dass weder Regierung noch Opposition bei der Wahl an diesem Samstag eine klare Mehrheit erreichen wird. Auf der Vulkaninsel im Nordatlantik sind bis Mitternacht (MESZ) knapp 250.000 Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Eine Niederlage der Regierung aus Konservativen und Liberalen gilt als sicher, obwohl die Konservativen nach letzten Umfragen vor der Wahl noch stärkste Partei werden könnten. Starke Zugewinne werden der Piratenpartei vorhergesagt. Da allerdings auch die Opposition keine Mehrheit schaffen dürfte, könnten sich die Verhandlungen über eine neue Regierung länger hinziehen.
Mit massiven Protesten hatten Islands Bürger im April bewirkt, dass die Wahl um ein halbes Jahr vorgezogen wurde. Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson war zuvor durch die Enthüllungen der "Panama Papers" in die Kritik geraten und hatte zurücktreten müssen. Ohnehin hatten die Wirtschaftskrise und der Zusammenbruch der Banken 2008 das Vertrauen in die politischen Institutionen des Landes zerstört. Gunnlaugsson soll Millionen in einer Offshore-Firma versteckt und auch auf der Gläubigerliste der Krisenbanken gestanden haben.
Wie Bielefeld
"Es braucht Zeit, das Vertrauen wiederzugewinnen", sagt Birgir Armansson. Seine konservative Partei war seit der Unabhängigkeit Islands von Dänemark 1944 über Jahrzehnte eine Konstante in der politischen Landschaft. Doch mit der Krise ging es auch für die Konservativen bergab. Viele Isländer wollen Veränderung - in der Fischerei, der Verfassung, im Gesundheitssystem.
Auf Island leben mit 330.000 Einwohnern ungefähr so viele Menschen wie in der nordrhein-westfälischen Stadt Bielefeld. Allerdings haben die Menschen dort wesentlich mehr Platz: Mit drei Einwohnern pro Quadratkilometer ist die Inselrepublik das am dünnsten besiedelte Land Europas. Hauptstadt ist Reykjavík, wo mehr als ein Drittel der Isländer leben. Schlagzeilen machte die Insel 2010 durch den Ausbruch des Gletschervulkans Eyjafjallajökull, als eine Aschewolke Europas Flugverkehr lahmlegte.
ml/stu (dpa,rtr)