Israel erlaubt Palästinenserwahl in Ost-Jerusalem
15. Januar 2006Minister der Kadima-Partei von Ministerpräsident Ariel Scharon hatten einstimmig für den Vorschlag gestimmt, meldeten israelische Medien am Sonntag (15.1.2006). Israel hatte ursprünglich erwogen, die Stimmabgabe der Palästinenser in Ost-Jerusalem zu unterbinden, weil sich auch die radikalislamische Hamas zur Wahl stellt. Die Palästinenserführung hatte daraufhin mit der Absage der Wahl gedroht. Vor allem die USA hatten darauf gedrängt, die Wahlen wie geplant durchzuführen. Nach der
Regierungsentscheidung darf die Hamas nun in Ost-Jerusalem keinen Wahlkampf veranstalten. Die palästinensische Autonomiebehörde begrüßte die israelische Regierungsentscheidung, die Hamas wies dagegen das Verbot des Wahlkampfs zurück.
Symbolträchtige Wahl
Kurz nach der Ankündigung, dass auch in Ost-Jerusalem gewählt werden darf, kam es in der Altstadt zu Handgemengen, weil Polizisten Hamas-Mitglieder am Wahlkampf hinderten. Es gab drei Festnahmen. In Ost-Jerusalem sind neun der 132 Sitze im Parlament von Ramallah zu vergeben. Die dortige Wahl ist von hoher symbolischer Bedeutung, weil sowohl Israelis als auch Palästinenser Jerusalem als Hauptstadt beanspruchen. Rund 5000 Wahlberechtigte dürfen ihre Stimmen jetzt per Post in Wahllokalen im Westjordanland abgeben.
Kritische Lage in Hebron
Ein zweites kritisches Thema der Kabinettssitzung unter Leitung von Olmert war die Lage in Hebron. Acht radikale jüdische Siedlerfamilien kündigten dort Widerstand gegen die Anordnung zum Verlassen eines palästinensischen Marktviertels an, das sie vor vier Jahren besetzt hatten. Am Samstag bewarfen hunderte Siedler Häuser von Palästinensern mit Steinen und Farbbeuteln. Dabei wurde ein israelischer Soldat leicht am Auge verletzt. Am Sonntag wurden palästinensische Geschäfte auf dem Marktplatz von Hebron in Brand gesetzt. Olmert verurteilte das Vorgehen der Siedler aufs Schärfste und drohte mit harten Strafen für Übergriffe auf Soldaten. In Hebron leben rund 500 Juden in streng bewachten Siedlungen unter mehr als 160.000 Palästinensern.
Gewalt im Westjordanland
Im nördlichen Westjordanland erschossen israelische Soldaten am Sonntag eine 55-jährige Palästinenserin und ihren 20-jährigen Sohn. Eine israelische Armeesprecherin teilte mit, aus dem Gebäude der Familie in dem Dorf Radschub sei das Feuer auf eine Patrouille eröffnet worden, die daraufhin zurückgeschossen habe. Von palästinensischer Seite war hingegen von einem Missverständnis die Rede. Der Sohn habe das Haus vor Kriminellen schützen wollen und daher eine Waffe getragen.
Im Gazastreifen blockierten am Samstag Dutzende bewaffnete Palästinenser für mehr als eine Stunde die beiden Hauptverkehrsstraßen in Nord-Süd-Richtung. Sie forderten Ministerpräsident Mahmud Abbas auf, Recht und Ordnung in dem Autonomiegebiet wiederherzustellen. Außerdem verlangten sie den Rücktritt von Innenminister Nasser Jussef.
Luftröhrenschnitt bei Scharon
Unterdessen liegt Israels Ministerpräsident Ariel Scharon zwölf Tage nach seinem schweren Schlaganfall weiter im Koma. Nach israelischen Berichten gab es keine wesentliche Änderung in Scharons Krankheitsbild, obwohl die Ärzte die Narkose weitgehend abgesetzt hatten. Am Sonntagabend hatten die Ärzte bei Scharon einem Luftröhrenschnitt vornommen, um ihm das selbständige Atmen zu erkleichtern. (chr)