Israel ignoriert die Kritik
4. Dezember 2012"Es wird keine Änderungen von getroffenen Entscheidungen geben", teilte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als Reaktion auf die massive internationale Kritik an den neuen Plänen mit, im Westjordanland und in Ostjerusalem bis zu 3000 weitere Wohnungen für jüdische Siedler zu bauen. Die Regierung hatte die Ausbaupläne am Sonntag (02.12.2012) angekündigt und als Reaktion auf die Aufwertung des Beobachterstatus der Palästinenser bei den Vereinten Nationen bezeichnet.
Nach mehreren europäischen Staaten riefen auch die USA die israelische Regierung zur Zurückhaltung und zum Verzicht auf den Bau weiterer Wohnungen in den Palästinensergebieten aus. Ein Sprecher von Präsident Barack Obama erklärte in Washington, die US-Regierung habe wiederholt und hinreichend klar gemacht, dass sie derartige Aktivitäten ablehne. Sie machten Bemühungen um die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern komplizierter. Das hätten die USA Israel auch klar bedeutet, unterstrich der Sprecher des Weißen Hauses.
Mehrere Regierungen von EU-Staaten, unter ihnen Frankreich Großbritannien, Spanien, Schweden und Dänemark, bestellten aus Protest gegen die neuen Siedlungspläne die Botschafter Israels ein. Ein solcher Schritt gilt im diplomatischen Umgang der Staaten als Ausdruck tiefer Missbilligung.
Die Bundesregierung in Berlin verzichtete auf eine solche spektakuläre Maßnahme, der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel fand aber ungewöhnlich deutliche Worte der Kritik. Mit dem Siedlungsbau sende Israel eine "negative Botschaft" und untergrabe das Vertrauen in seine Verhandlungsbereitschaft, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Es schwindet auch weiter der geografische Raum für einen zukünftigen Palästinenserstaat, der ja die grundlegende Voraussetzung für eine Zwei-Staaten-Lösung sein müsste."
Der Siedlungsbau wird auch Thema der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen sein, zu denen Ministerpräsident Netanjahu am Mittwochabend (05.12, 2012) im Kanzleramt erwartet wird. Seibert sagte dazu, man freue sich auf "offene Gespräche unter Freunden". Bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung über den Status der Palästinenser hatte sich Deutschland enthalten, Frankreich und mehrere andere EU-Staaten hatten zugestimmt.
Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung übte der frühere Ministerpräsident Ehud Olmert. Israel hätte die diplomatische Aufwertung der Palästinenser bei den UN akzeptieren sollen, denn dadurch erhielten Hoffnungen auf eine Zwei-Staaten-Lösung Auftrieb, sagte Olmert in einer Rede in New York. Olmert kündigte zudem an, er werde am Mittwoch bekannt geben, ob er bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Israel im 22. Januar antritt oder nicht. Olmert gilt laut Meinungsumfragen als ernstzunehmender Gegner für Netanjahu und dessen rechtsgerichtete Koalition.
wl/sti (dpa, dapd, afp, rtr)