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Keine Beobachter auf den Tempelberg

18. Oktober 2015

Die Lage in Nahost bleibt explosiv, doch Israel lehnt internationale Beobachter in Jerusalem strikt ab. Nun richten sich die Blicke auf das Treffen von Regierungschef Netanjahu und US-Außenminister Kerry in Berlin.

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Al-Aksa-Moschee und Felsendom in Jerusalem (Foto: picture alliance/CPA Media)
Bild: picture alliance/CPA Media

Israel hat einen Vorschlag Frankreichs zurückgewiesen, internationale Beobachter auf dem Jerusalemer Tempelberg zu stationieren. "Israel ist nicht das Problem auf dem Tempelberg, Israel ist dort die Lösung", sagte der Regierungschef Benjamin Netanjahu bei einer Kabinettssitzung. Das israelische Außenministerium warf Paris vor, mit seinem Vorschlag den "Terrorismus zu belohnen".

Netanjahu kritisierte, dass der Vorschlag Frankreichs keinen Bezug nehme "auf die Aufstachelung der Palästinenser zu Gewalt und Terrorismus". Tourismusminister Jariv Levin sagte im Rundfunk, sein Land habe die Unterstützung der USA, die französische Initiative zu blockieren.

Französische Diplomaten hatten in New York angeregt, der UN-Sicherheitsrat solle sich für eine internationale Präsenz auf dem Hochplateau in der Jerusalemer Altstadt aussprechen. Zuletzt hatten die Auseinandersetzungen an der für Juden und Muslime heiligen Stätte wieder zugenommen. Palästinenser werfen den israelischen Sicherheitskräften dort "Provokationen" vor und kritisieren zunehmende Besuche gläubiger Juden auf dem Areal. Nach der derzeit gültigen Regelung dürfen Juden und andere nicht-muslimische Besucher den Tempelberg zwar besuchen, nicht aber dort beten.

US-Außenminister John Kerry und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bei einem Treffen Ende März 2014 in Jerusalem(Foto: Reuters)
US-Außenminister Kerry (r.) und Israels Regierungschef Netanjahu bei einem Treffen Ende März 2014 in JerusalemBild: Reuters

Kerry: Treffe Netanjahu in Berlin

Die USA verstärken derweil ihre Anstrengungen für eine Deeskalation der seit Wochen anhaltenden Unruhen in Israel und den Palästinensergebieten: US-Außenminister John Kerry bestätigte bei einem Besuch in der Zentrale der Weltkulturorganisation UNESCO in Paris, dass er Netanjahu in den kommenden Tagen in Berlin treffen werde. Netanjahu wird am Mittwochabend zu einer Unterredung im Bundeskanzleramt erwartet. Anschließend will Kerry im Rahmen einer Nahost-Reise Palästinenserpräsident Mahmud Abbas aufsuchen.

Zwei Tote bei Gewalttat in Beersheba

Unterdessen wurden bei einem Angriff im Busbahnhof der südisraelischen Stadt Berscheba zwei Menschen getötet - darunter auch einer der beiden Attentäter. Mindestens sieben Menschen hätten Verletzungen erlitten, darunter Polizisten und Zivilisten, meldete der TV-Sender Channel 10. Der ebenfalls verletzte zweite Angreifer schwebe in Lebensgefahr. Die Attentäter - mutmaßlich Palästinenser - hätten sich trotz verschärfter Überwachung Zugang zu dem Busbahnhof verschafft. Zeugen berichteten von Schüssen und Messerangriffen.

Zwei Tage nach einem folgenschweren Brandanschlag auf das Josefsgrab im Westjordanland wurden dort am Sonntagmorgen jüdische Gläubige von Palästinensern attackiert, wie die Sicherheitskräfte beider Seiten berichteten. Wie die israelische Armee mitteilte, waren ohne ihre Erlaubnis und Koordinierung rund 30 Schüler einer ultraorthodoxen Talmudschule in Jerusalem im Morgengrauen nach Nablus gekommen, um an der Gedenkstätte die Brandschäden zu übermalen. Palästinenser aus dem benachbarten Flüchtlingslager Balata verprügelten mehrere der mit Autos Angereisten, welche die Flucht antraten. Eines ihrer Fahrzeuge wurden in Brand gesetzt, weshalb fünf der chassidischen Juden zurückblieben. Die am Josefsgrab für die Sicherheit zuständige palästinensische Polizei nahm sie in Gewahrsam.

Heftige Kritik der Polizei an Talmudschülern

Sie wurden später den herbeigerufenen israelischen Streitkräften übergeben, die sie wegen "Verstößen gegen militärische Anordnungen" festnahm. Die israelische Polizei erklärte, das Verhalten der Talmudschüler sei "total verantwortungslos", denn der Vorfall "hätte sehr viel schlimmer ausgehen können".

Wütender Protest von Palästinensern in der Nähe von Nablus, wo sich auch das Josefsgrab befindet (Foto: Reuters/A. Talat)
Wütender Protest von Palästinensern in der Nähe von Nablus, wo sich auch das Josefsgrab befindetBild: Reuters/A. Talat

Am Freitag hatten zahlreiche Palästinenser das Josefsgrab angegriffen und mit Brandflaschen ein Feuer ausgelöst, das schwere Schäden anrichtete. Das Josefsgrab war in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz von Auseinandersetzungen. Viele Juden verehren den Ort, weil dort mit Abrahams Urenkel Josef einer ihrer zwölf Stammväter begraben sein soll. Er ist aber auch für Muslime von Bedeutung, die glauben, dass dort ein hoher islamischer Geistlicher bestattet ist.

sti/qu (afp, rtr)