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Israel beginnt mit Erdgasförderung

Ulrike Schleicher8. April 2013

Seit kurzem wird vor Israels Küste Gas gefördert. Mit seinen riesigen Lagerstätten im Mittelmeer ist das Land auf dem Weg zur energiepolitischen Unabhängigkeit. Doch die Lage im Nahen Osten macht einen Export schwierig.

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Erdgas-Förderplattform im Tamar-Feld vor der Küste Israels (Foto: Getty Images)
Israel beginnt mit Gasförderung aus dem Tamar-Feld vor der KüsteBild: Getty Images

Es ist ein bekannter, israelischer Witz: Moses hat das jüdische Volk aus Versehen ausgerechnet in die einzige Ecke des Nahen Ostens gebracht, wo es kein Öl gibt. Schon immer war Israel abhängig von Gas- und Kohleimporten, um seinen Energiebedarf zu decken. Nun aber brechen neue Zeiten an. Vor wenigen Tagen floss zum ersten mal Erdgas aus dem Tiefseespeicher Tamar, rund 90 Kilometer westlich von Haifa. Dieses wurde dann durch unterirdische Pipelines in eine Anlage in der Hafenstadt Aschdod gepumpt und anschließend ins Energienetz eingespeist. "Das ist ein wichtiger Schritt in die Energieunabhängigkeit Israels", sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei der Inbetriebnahme der Anlage, und Energieminister Silwan Shalom sprach von einem historischen Ereignis.

Zuvor hatte Israel im Meer jahrzehntelang nach Öl gebohrt - ohne Erfolg. Nach dem Fund einer kleineren Gasquelle vor Aschdod 1999 fand man in den Jahren 2009 und 2010 in einer Tiefe von 5000 Metern riesige Vorkommen im Tamar-Feld bei Haifa mit geschätzten 238 Milliarden Kubikmetern und - etwas weiter von der Küste entfernt - das Feld Leviathan mit etwa 450 Milliarden Kubikmetern und damit aktuell die größtenbe Gasvorkommen weltweit.

Kontrollraum auf der Förderplattform (Foto: Getty Images)
Offshore-Erdgas 'Made in Israel': Mitarbeiter im Kontrollraum des Tamar-FeldesBild: Getty Images

Energie-Unabhängigkeit in Sicht

Mit dem Gas ist Israel nun unabhängig von anderen Ländern, zum Beispiel von Ägypten, das seit 2005 in großem Umfang und zu günstigen Konditionen Gas vor allem zur Stromerzeugung lieferte. Diese Quelle brach jedoch mit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak weg: Immer wieder gab es Anschläge gegen die Pipelines, bis Ägypten 2012 schließlich den Liefervertrag kündigte. Für die israelischen Stromverbraucher stiegen die Preise seither um bis zu 25 Prozent. Eine Preissenkung ist jedoch auch jetzt nicht in Sicht.

Wenn also die israelischen Verbraucher nicht direkt von den neuen Energiequellen profitieren, wer dann? Zunächst einmal sicher die Investoren. Zu ihnen gehören neben dem Mehrheitseigentümer aus Texas, Noble Energy, die israelische Delek-Gruppe, Isramco und als kleinster Anteilseigner Dor Alon. Sie haben in die Bohrungen insgesamt 2,8 Milliarden Euro gesteckt - eine Risikobereitschaft, die sich nun bezahlt macht. Aber auch der Staat verdient über Steuern mit. Gerechnet werde mit Einnahmen von rund 30 Milliarden Euro in den kommenden 25 Jahren. Damit sollen Haushaltslöcher gestopft werden, kündigte Premier Netanjahu an.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu (Foto: AFP/Getty Images)
Benjamin Netanyahu: "Wichtiger Schritt in die Energie-Unabhängigkeit"Bild: AFP/Getty Images

Schwieriges Exportgeschäft

Ein weiteres Geschäft könnte der Export werden. Doch aufgrund seiner geopolitischen Lage braucht Israel dazu Partner. Und genau die bereiten mal wieder Kopfzerbrechen. Das wurde bereits bei einer Konferenz des Institutes für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) vergangenen Juli in Tel Aviv klar, bei der Experten aus Europa und der Türkei über dieses Thema diskutierten. So sagte der israelische Öl-Kommissar Alexander Varhavsky, man könne 25 Jahre lang gut die Hälfte der Fördermenge exportieren, was rund 400 Milliarden Kubikmeter entspreche. Voraussetzung dafür sei jedoch eine Kooperation mit dem Libanon, der Türkei und Zypern. Diese jedoch gestaltet sich schwierig. So beansprucht etwa der Libanon Teile der von Israel erforschten Gasfelder. Diese liegen zwar innerhalb der 200-Kilometer-Zone, fallen nach UN-Seerecht aber unter die so genannte "exklusive Wirtschaftszone". Während Israel mit Zypern früh entsprechende Vereinbarungen hinsichtlich geographischer Grenzen getroffen hat, sind die Gebietsansprüche des Libanon völlig ungeklärt.

Doch selbst hinter der Einigung mit Zypern steht ein Fragezeichen. Denn wenn es um die Belange der Insel geht, spielt auch die Türkei, deren Armee den türkisch verwalteten Nordteil Zyperns kontrolliert, eine gewichtige Rolle. Die Regierung in Ankara hat bereits angekündigt, dass beim Streit um das Gas "alle Register" gezogen würden. Damit steckt Israel in einer Zwickmühle. Schließlich hat die Entschuldigung Netanjahus für die Militäraktion auf der Gaza-Flotilla, bei der neun türkische Aktivisten starben, erst Mitte März die Weichen für eine Versöhnung mit der Türkei gestellt.

Brennende ägyptische Gas-Pipeline in El Arish am 5. Februar 2011 (Foto: picture-alliance/dpa)
Anschlag auf ägyptische Gas-Pipeline in El Arish am 5. Februar 2011Bild: picture-alliance/dpa

Pipeline-Planspiele

Nach Angaben der Investoren kann das Gas in drei Jahren exportiert werden - dann, wenn das Leviathan-Feld in Betrieb ist. Das wäre für viele Länder ein Vorteil: “Die Energieversorgung von Israel wäre verlässlich, und es wäre saubere Energie", sagt Varshavsky. Die EU könnte profitieren, indem sie ihre Abhängigkeit von Russland verringert. Aber auf welchen Wegen soll es nach Europa gelangen? Eine Möglichkeit wäre über die Türkei. Dorthin soll es durch Pipelines im Mittelmeer transportiert werden, so der Plan einer türkischen Firma.

Momentan jedoch fehlt etwas ganz Entscheidendes: Die neue, israelische Regierung hat noch keine Pläne, wie eine künftige Exportpolitik überhaupt aussehen könnte. Nur eines ist sicher: Die Marine hat mehr zu tun. Sie muss in Zukunft das Tamar-Feld vor möglichen Angriffen schützen.