Israel weitet Bodeneinsatz im Gazastreifen aus
27. Dezember 2023Israel weitet seinen Bodeneinsatz gegen die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen aus. Derzeit konzentriere man sich auf Chan Junis im Süden sowie auf die Flüchtlingsviertel im Zentrum des Küstengebiets, sagte Generalstabschef Herzi Halevi. Der Krieg werde "noch viele Monate" dauern. Es gebe keine "magischen Lösungen oder Abkürzungen", sondern nur einen "beharrlichen und entschlossenen Kampf". Israel hat das Ziel ausgegeben, die Hamas zu zerschlagen, um künftigen Terrorattacken auf eigenes Gebiet vorzubeugen.
Bei einem mutmaßlichen israelischen Angriff auf ein Gebäude in der Nähe eines Krankenhauses in Chan Junis soll es viele Tote gegeben haben. Ein Sprecher der von der Terrororganisation Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sprach von 20 Toten und zahlreichen Verletzten. Auch der palästinensische Rettungsdienst Roter Halbmond schrieb auf der Plattform X, bei einem Angriff auf ein Wohngebäude nahe des Al-Amal-Krankenhauses habe es Dutzende Tote und Verletzte gegeben. Die Angaben lassen sich bislang nicht unabhängig überprüfen. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man gehe den Berichten nach.
Weitere Angriffe wurden auch aus dem besetzten Westjordanland gemeldet. Mindestens sechs Menschen seien bei Tulkarem durch Drohnenbeschuss getötet worden, teilten die palästinensischen Behörden mit. Es gebe mehrere Verletzte. Die israelische Armee kündigte eine Stellungnahme an. Israel wirft der Hamas seit längerem vor, im Gazastreifen wie auch im Westjordanland gezielt zivile Einrichtungen für militärische Zwecke zu missbrauchen und dadurch willentlich die Bevölkerung zu gefährden.
Auf diplomatischem Parkett gehen derweil die Bemühungen um eine Freilassung der von der Hamas verschleppten Geiseln weiter. Wie das Weiße Haus bekanntgab, beriet US-Präsident Joe Biden hierüber mit dem Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al Thani. Der Zugang für humanitäre Hilfe im Gazastreifen sei ebenfalls Gegenstand des Telefonats gewesen. Die Hamas hatte am Montag eine vorübergehende neue Feuerpause abgelehnt und einen dauerhaften Waffenstillstand verlangt.
Im November war Katar bereits als Vermittler beteiligt, als die Hamas 105 der ursprünglich rund 240 Geiseln an Israel überstellte. Im Gegenzug kamen mehrere Hundert palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen frei. Ende November hatten die Islamisten unter Vermittlung Katars 105 ihrer Geiseln im Gegenzug für die Freilassung von 240 palästinensischen Häftlingen an Israel überstellt.
Innenpolitisch wächst der Druck auf den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu, alle Israelis nach Hause zu holen, die in den Gazastreifen verschleppt wurden. Angehörige demonstrieren immer wieder vor Regierungsgebäuden. Am Montag verlangten Teilnehmer einer Kundgebung vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv eine Befreiung "um jeden Preis".
Auslöser des Israel-Hamas-Krieges war das schlimmste Massaker seit der israelischen Staatsgründung. Hunderte Hamas-Terroristen hatten am 7. Oktober israelische Grenzanlagen überwunden und Soldaten wie auch wehrlose Zivilisten getötet. Etliche Opfer wurden gefoltert. Die Hamas feuerte Tausende Raketen auf Israel ab.
Nach jüngsten Angaben des israelischen Militärs fielen der Attacke mehr als 1100 Menschen auf eigenem Gebiet zum Opfer. Rund 240 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Bei darauf folgenden israelischen Angriffen wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 20.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen. Die Hamas wird außer von Israel auch von den USA, der EU, Deutschland und weiteren Staaten als Terrororganisation eingestuft.
jj/fab/rb (dpa, afp, rtr)