Israelische Liebesoffensive
23. März 2012Drohungen und Provokationen beherrschen seit Wochen die Medien im Iran und in Israel. Hintergrund ist das iranische Atomprogramm und seine ungeklärte militärische Dimension. Es scheint teilweise so, als ob die Führer beider Länder mit ihrem aggressiven Auftreten bereit wären, einen Krieg in Kauf zu nehmen.
Das Video eines israelischen Bürgers auf Youtube hat nun die mediale Wahrnehmung auf einen Schlag verändert. Ronny Edry und seine Frau Michal Tamir starteten eine Online-Initiative, um gegen den drohenden Krieg zwischen Israel und dem Iran zu protestieren. Statt Hass und Gewalt wollen sie Liebe und Frieden unter den Menschen verbreiten.
"Die Nachrichten haben zuletzt nur noch von einem kommenden Krieg berichtet. Politiker haben über Zerstörung und Selbstverteidigung gesprochen, als hätten wir keine Wahl", sagte Edry in seiner Videobotschaft.
Er bittet die Zuschauer um ihre Hilfe: "Macht ein Poster mit einem Foto von euch und bringt eure Liebe für die Iraner zum Ausdruck." Er und seine Frau gaben mit ihrem Poster ein Beispiel. "Iraner. Wir werden euer Land niemals bombardieren. Wir lieben euch", steht darauf.
Die Reaktionen auf israelischen Webseiten waren außergewöhnlich. Wenige Stunden, nachdem das Video veröffentlich worden war, hatten Hunderte Israelis Poster mit ihren eigenen Bildern ins Internet gestellt. "Iraner! Die Israelis lieben Euch" oder "Israel liebt den Iran" waren die Slogans. Eine Seite auf Facebook hatte schnell Tausende Follower. Twittern unter dem Hashtag #israellovesiran wurde zum Trend.
"Der Iran liebt Israel auch"
Kurz nach dem Start der israelischen Kampagne gab es Antworten von Iranern aus der ganzen Welt. "Meine israelischen Freunde, ich hasse euch nicht! Ich will keinen Krieg. Liebe und Frieden." So lauteten viele Beiträge von Iranern auf Facebook. Iraner haben in dem sozialen Netzwerk eine Schwesterseite zur israelischen gestartet. Einige schrieben: "Iran will mit keinem Land in der Welt Krieg."
Viele Iraner verbargen allerdings ihr Gesicht. Sie fürchten den iranischen Geheimdienst. Denn ein häufiger Vorwurf gegen Kritiker des Regimes lautet "Spionage für Israel".
Ein Bild zeigt ein junges Paar, das sich küsst und gleichzeitig seine Ausweise in die Kamera hält. Das Mädchen ist Iranerin und der Junge ist Israeli. "Ich glaube an die Liebe. Israelis und Iraner lieben sich. Glaubt es!"
Wo bleiben die Palästinenser?
Wie bei vielen anderen Online-Initiativen ließen negative, zynische und humoristische Kommentare nicht lange auf sich warten. Ein vorgetäuschtes Statement von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu etwa besagte: "Iraner! Ich liebe Euch. Ich liebe Euch wirklich. Es sind meine Leute, die ich hasse."
Einige iranische und israelische User stellten fest, dass bei der Liebes-Initiative die Palästinenser fehlten. Eine iranische Facebook-Userin schrieb: "So sehr mich die Liebes-Initiative zwischen Iranern und Israelis auch berührt, muss ich doch sagen, dass Liebe nicht genug ist." Sie kritisiert Israels Politik gegenüber den Palästinensern und betont, dass Israels Demokratie nur dem Anschein nach existiere. "Solange das Volk in Israel keine Macht hat, sind eure Worte 'Wir werden euch niemals bombardieren' bedeutungslos."
Andere Benutzer glauben dagegen nicht, dass es klug wäre, die Initiative auf die Palästinenser auszuweiten. Ein israelischer Nutzer schrieb auf Facebook: "Ich fürchte, dass die Kampagne an Kraft verliert, wenn wir die Palästinenser einbeziehen. Weniger Menschen werden sich beteiligen."