Israels Armee tötet Hisbollah-Chef Nasrallah im Libanon
Veröffentlicht 28. September 2024Zuletzt aktualisiert 28. September 2024Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben bei ihrem Angriff auf das Hisbollah-Hauptquartier im Süden der libanesischen Hauptstadt den Chef der Schiitenmiliz, Hassan Nasrallah, getötet. Ein Militärsprecher beschrieb Nasrallah als einen der "einflussreichsten Terroristen der Welt", der Israel seit Jahrzehnten terrorisiert habe. Zum Zeitpunkt des Luftangriffs am Freitag habe die Hisbollah-Führung "terroristische Aktivitäten gegen die Bürger von Israel koordiniert". Die Islamisten hätten geplant, israelische Bürger zu verschleppen und zu ermorden.
Stunden später bestätigte auch die Miliz, dass Nasrallah bei dem Angriff in Beirut getötet worden sei. Der Kampf gegen Israel werde weitergehen, heißt es in einer Erklärung. Nasrallah, Sohn eines Gemüsehändlers, stand seit 1992 an der Spitze der Schiitenmiliz. Er galt als einer der größten Feinde Israels und stimmte sich eng mit der Führung im Iran ab, dem wichtigsten Unterstützer der Hisbollah. Die Miliz wird von vielen westlichen Ländern und einigen sunnitischen arabischen Staaten als Terrororganisation geführt.
Hisbollah-Hauptquartier unter Wohngebäuden versteckt
Das Hauptquartier lag laut israelischen Militärangaben unter dicht besiedelten Wohngebäuden versteckt. Nach dem Angriff im Vorort Haret Hreik nahe dem internationalen Flughafen waren dichte Rauchwolken zu sehen. Nach Berichten der libanesischen Behörden wurden mehrere Gebäude komplett zerstört.
Das libanesische Gesundheitsministerium meldete bisher mindestens elf Todesopfer und mehr als 90 Verletzte allein in der Hauptstadt. Die Behörde ordnete die Evakuierung der Krankenhäuser im Süden Beiruts an.
In der vergangenen Nacht und an diesem Samstag griff die israelische Armee nach eigenen Angaben weitere Stellungen der Hisbollah-Miliz im Osten und Süden des Libanons aus der Luft an. Attackiert worden seien Ziele der Terrororganisation in der östlichen Region Bekaa und in "mehreren Gebieten im Südlibanon", teilte die Armee mit. Auch der für den Süden des Libanons bedeutende Hisbollah-Kommandeur Ali Karaki sei getötet worden. Zudem habe man Waffendepots zerstört.
Libanesische Fernsehsender zeigten Explosionen südlich von Beirut in der Nähe des internationalen Flughafens. Es waren Brände und Folgedetonationen zu sehen. Aus den südlichen Vororten der Hauptstadt, die als Hisbollah-Hochburg gelten, flohen zahlreiche Anwohner vor den Angriffen ins Stadtzentrum. Augenzeugen schilderten, sie seien teilweise barfuß unterwegs. Die Menschen suchten Schutz in Parks und an öffentlichen Stränden. Retter suchen unterdessen weiter nach Überlebenden des massiven israelischen Luftangriffs vom Freitag.
Die Zahl der Opfer israelischer Angriffe im Libanon steigt nach Behördenangaben weiter an. Allein vom 16. bis einschließlich 27. September wurden bei den Angriffen 1.030 Menschen getötet, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Darunter waren 87 Kinder und 56 Frauen. Bis einschließlich Freitag seien zudem rund 6.300 Menschen verletzt worden.
Im Norden Israels wurde wegen neuer Raketenangriffe der Hisbollah wieder Luftalarm ausgelöst. Die Hisbollah erklärte, sie habe den Kibbuz Kabri "mit einer Salve von Fadi-1-Raketen" beschossen. Außerdem schlug nach Armeeangaben eine aus dem Libanon abgefeuerte Boden-Boden-Rakete in offenem Gebiet in Zentralisrael ein.
Israel verhindert Landung eines iranischen Flugzeugs im Libanon
Israels Armee kontaktierte am Samstag den Flughafen von Beirut, um die Landung einer iranischen Maschine zu verhindern. Israelische Medien berichten, ein Frachtflugzeug der iranischen Gesellschaft Qeshm Air sei auf dem Weg nach Beirut umgekehrt und befinde sich auf dem Rückweg nach Teheran. Man werde Waffentransfers zur Hisbollah in keiner Weise zulassen, sagte ein Sprecher des israelischen Militärs. Bisher habe sich der Libanon anders als das benachbarte Syrien "verantwortlich" verhalten - und habe keine Waffenlieferungen über den zivilen Flughafen erlaubt.
Netanjahu: Wir haben das Recht auf Selbstverteidigung
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu betonte am Freitag vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen, sein Land habe das Recht, die Angriffe fortzusetzen. "Solange die Hisbollah den Weg des Krieges wählt, hat Israel keine Wahl. Israel hat jedes Recht, diese Bedrohung zu beseitigen und seine Bürger sicher in ihre Häuser zurückzubringen", sagte Netanjahu in New York.
UN-Generalsekretär António Guterres warnte nochmals eindringlich vor einer Ausweitung des Konflikts. "Der Krieg im Libanon könnte zu einer weiteren Eskalation mit Beteiligung externer Kräfte führen", sagte Guterres bei einer Sitzung des Weltsicherheitsrats.
Angriffe auch auf Ziele in Syrien
Das israelische Militär griff in der vergangenen Nacht zudem Ziele in Syrien an. Bei dem Luftschlag sei ein wichtiges Mitglied der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas getötet worden, teilte die Armee mit. Ahmad Mohammed Fahd sei verantwortlich für das Abfeuern von Raketen auf die von Israel annektierten Golanhöhen gewesen. Er soll laut Israels Armee ein Führer der Hamas im Süden Syriens gewesen sein. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien bestätigte seinen Tod. Die Hamas wird von Israel, vielen westlichen und einigen arabischen Ländern als Terrororganisation gelistet.
Die Hisbollah ist mit der Hamas verbündet, die mit ihrem beispiellosen Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hat. Seit Beginn des Krieges dort greift die Schiitenmiliz nahezu täglich vom Südlibanon aus den Norden Israels mit Raketen an.
Chamenei ruft zum Widerstand auf
Der oberste geistliche Führer im Iran, Ayatollah Ali Chamenei, verurteilte die israelischen Angriffe auf die Hisbollah-Miliz im Libanon als "kurzsichtig". In einer Erklärung rief er zudem die Muslime dazu auf, "dem libanesischen Volk und der Hisbollah mit allen Mitteln zur Seite zu stehen". Das Schicksal der Region werde "von den Kräften des Widerstands" bestimmt.
Mit dem Einfluss des Irans beschäftigt sich auch Makram Rabah, Assistenzprofessor für Geschichte an der Amerikanischen Universität Beirut. In einem Interview der Deutschen Welle sagte Rabah, der Iran sei weiterhin die größte Gefahr in der Region. Der israelische Premier Netanjahu und der Westen seien sich darüber im Klaren, dass die Bekämpfung der iranischen Einflussnahme von entscheidender Bedeutung sei, um weitere regionale Instabilität zu verhindern. Wichtig sei außerdem - so der Nahost-Experte in der DW - die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates umzusetzen, die besagen, dass es im Libanon keine bewaffneten Gruppen außer dem libanesischen Militär geben darf.
se/jj/kle (dpa, rtr, afp, ap, dw)
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