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Israels Freund

Peter Philipp17. Oktober 2004

Welchen Einfluss haben die Präsidentschaftswahlen in den USA auf die weitere Entwicklung in Nahost? Und: Wen wählen die US-amerikanischen Juden? Egal, wer gewinnt - Israel wird sich kaum zu beklagen haben. Eine Analyse.

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Hält Scharon den Rücken frei: George W. BushBild: AP

Eins ist im Nahen Osten seit langem bekannt, und US-amerikanische Präsidentschaftswahlen sind arabischen Politikern deswegen ein Graus: Mindestens sechs Monate vor solchen Wahlen und sechs Monate danach ist mit keiner positiven Initiative aus Washington zu rechnen, den Nahost-Konflikt einer Lösung näher zu bringen. Allein dies schon nützt Israel, weil es in dieser Zeit des politischen Leerlaufs leicht Dinge umsetzen kann, die sonst auf Widerstand aus Washingtons stoßen könnten.

Protestantische Unterstützung für Israel

Arabische Beobachter begründen dies immer mit der Bedeutung der jüdischen Wählerstimmen in den USA, das alleine ist es aber nicht. Die Vereinigten Staaten verstehen sich auch ohne diese jüdischen Wähler als enger Verbündeter Israels und es sind bei weitem nicht nur Juden, auf die ein Präsidentschaftskandidat im Wahlkampf Rücksicht nehmen muss. So gibt es eine große Anzahl protestantischer Fundamentalisten, besonders aus dem so genannten "Bible Belt" - dem "Bibel-Gürtel" - in den Südstaaten, die in der Gründung Israels die Erfüllung göttlicher Prophezeiung sehen und die strammer hinter israelischen Regierungen stehen, als viele amerikanische Juden das tun.

Besonders israelische Rechtsregierungen erfreuen sich der Unterstützung dieser Gruppen, so dass in der Vergangenheit Politiker der konservativen Likud-Partei wie Menachem Begin und Jitzhak Schamir bei USA-Besuchen manchmal zuerst "unsere Freunde in den Südstaaten" besuchten, bevor sie sich bei jüdischen Verbänden sehen ließen. Der gegenwärtige Ministerpräsident Ariel Scharon braucht allerdings gar nicht erst zu den christlichen Zionisten zu reisen, sein bester Verbündeter sitzt im Weißen Haus: George W. Bush kommt aus dem religiös-fundamentalistischen Umfeld, und er ist schon deswegen empfänglicher für die Erklärungen Scharons, man kämpfe doch denselben Kampf - gegen Terrorismus und Fanatismus und für Demokratie und Freiheit.

Inniges Verhältnis

Orthodoxer Jude in der Synagoge in New York
Orthodoxer Jude in einer New Yorker SynagogeBild: AP

Bush dürfte seit langem der beste Verbündete Israels im Weißen Haus sein. Ob ihm das aber tatsächlich die jüdischen Wählerstimmen bringen wird, ist umstritten. Denn die amerikanischen Juden stehen historisch und traditionell den Demokraten näher. Und bei aller Sympathie für Israel: Nur die Konservativen - besonders die "Neokonservativen" um Bush - identifizieren sich auch mit der konservativen Regierung in Jerusalem.

Wer immer aber am 2. November 2004 zum US-Präsidenten gewählt wird: Israel wird zufrieden sein können. Bei einer Wiederwahl Bushs dürfte das innige Verhältnis mit Scharon andauern, und wenn John Kerry neuer Präsident würde, dann dürfte sich dessen Politik zumindest in der Anfangsphase nicht grundsätzlich von der Bushs unterscheiden. Das wurde deutlich, als der demokratische Kandidat im Frühsommer Zweifel am Bau der israelischen Sperranlage in den palästinensischen Gebieten anmeldete. Sehr schnell lenkte Kerry um und erklärte sich ausdrücklich für die Maßnahmen, die Israel "zu seiner Sicherheit" ergreife.

Einen Unterschied könnte es allerdings in der Zusammenarbeit mit Israel gegenüber dem Iran geben: Der Bush-Verwaltung wird jetzt schon nachgesagt, sie habe Israel grünes Licht für Angriffe auf iranische Nuklearanlagen gegeben. Wenn dies zutreffen und Israel davon Gebrauch machen sollte, dann könnte dies unabsehbare und katastrophale Folgen für die Region haben. Kerry hält sich in der Frage des Iran bisher eher bedeckt und scheint kein Abenteuer riskieren zu wollen - auch nicht mit Hilfe israelischer Bomber.