Israels umstrittene Waffenexporte
31. Juli 2005Für die französischen Truppen in der Elfenbeinküste war es ein Schock: Regierungsflugzeuge bombardierten im November 2004 mit tödlicher Präzision ihre Stellung an der Demarkationslinie zum Rebellengebiet. Zuvor war das Lager von Drohnen israelischer Bauart ausspioniert worden. Nach dem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon in Paris diese Woche haben sich die Wogen geglättet.
Geste der Annäherung
Die neue Annäherung zwischen Paris und Jerusalem scheint Wunder zu wirken. So hat die israelische Regierung sich bereit erklärt, mit einer UN-Untersuchungskommission zusammen zu arbeiten, die die näheren Umstände illegaler israelischer Waffenexporte nach Elfenbeinküste beleuchten will. Ein erstes Treffen mit der Delegation fand dieser Tage statt und es nahmen daran Vertreter des Jerusalemer Außenministeriums, des Verteidigungsministeriums und verschiedener Rüstungsbetriebe teil.
Das Außenministerium hatte wiederholt gefordert, bei Waffenexporten auch die außenpolitischen Aspekte in Betracht zu ziehen und die sind im Fall Elfenbeinküste ganz eindeutig: Ende letzten Jahres beschwerte Frankreich sich, dass seine Truppen in dem afrikanischen Staat unter anderem mit israelischen Waffen angegriffen worden seien und im Rahmen einer langsamen Neu-Annäherung an Paris verhängte Jerusalem daraufhin wenigstens offiziell ein Embargo über Waffenlieferungen in die Elfenbeinküste.
Spektakulärer Waffendeal: die Iran-Contra-Affäre
In der Vergangenheit war Israel keineswegs so schnell entschlossen und so resolut: Israelische Waffen wurden offiziell - mehr aber auch inoffiziell - über dunkle Kanäle in Länder verkauft, die von den Vereinten Nationen oder von den großen Waffenproduzenten der Welt aus politischen Gründen boykottiert wurden. Oft waren es ehemalige israelische Militärs, die in diesen Ländern als Experten auftraten und die ersten Kontakte anknüpften. Der spektakulärste Fall war mit Sicherheit die "Iran-Contra-Affäre", in der Israel und die USA ein folgenreiches Dreiecksgeschäft abwickelten, in dessen Rahmen der Iran und die "Contras" in Nicaragua mit amerikanischen und israelischen Waffen beliefert wurden.
In anderen Fällen wurde Israel alleine aktiv, manchmal auch gegen den Willen der USA: Waffenlieferungen an Indien lösten in Washington Kritik und politischen Druck aus, mehr aber noch die Lieferung von Waffen - darunter unbemannte Flugzeuge - an China. Washington wurde wiederholt vorstellig in Jerusalem, dort ließ man sich aber nicht beirren.
"Halbseidener" Kundenkreis
Für einen kleinen Staat wie Israel mit einer hoch entwickelten Rüstungsindustrie sind Exporte zwingend notwendig, weil man anders die Kosten für Entwicklung und Produktion nicht tragen könnte. Und da die größeren und wichtigeren Staaten in der Regel ihre eigene Produktion haben oder - wie in der NATO - Waffen von ihren Bündnispartnern beziehen, bleiben meist nur noch eher "halbseidene" Kunden und Geschäftspartner übrig. Wie vor vielen Jahren schon das südafrikanische Apartheid-Regime - mit dem zusammen Israel sogar Atomtests unternahm - oder fast jede Diktatur und fast jedes Bürgerkriegsland in Afrika und Lateinamerika.
Ein lohnendes Geschäft: Israel stieg im Jahr 2003 mit einem Exportvolumen von rund drei Milliarden Dollar zum fünftgrößten Waffenlieferanten der Welt auf: Rund zehn Prozent des internationalen Waffenhandels werden damit über Israel abgewickelt. Nicht immer sind offizielle israelische Stellen daran beteiligt, wie der Fall des ehemaligen Marineoffiziers Schimon Na'or zeigt: Dieser wurde 1999 in Rumänien verhaftet, weil er Waffenverkäufe nach Angola betrieb. Na'or erhielt Unterstützung hoher israelischer Militärs und es gelang ihm, aus Rumänien zu fliehen, wo er später in Abwesenheit zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Nach Recherchen der israelischen Tageszeitung "Haaretz" ist Na'or weiterhin im Waffengeschäft tätig, diesmal offenbar aber von Israel selbst aus.
Kehrtwende unwahrscheinlich
Selbst wenn Jerusalem nun im Fall Elfenbeinküste wirklich einlenken sollte: Eine drastische Kehrtwende seiner Politik ist kaum zu erwarten. Dazu sind die wirtschaftlichen Aspekte dieses Geschäfts zu wichtig und dazu "produziert" Israel auch zu viele Offiziere, die nach ihren Ausscheiden aus dem aktiven Dienst nicht alle in die Politik gehen können oder in die Wirtschaft und die statt dessen ihre spezielle "Expertisen" und Beziehungen auf den Krisenbieten der Welt vermarkten.