Italien baut militärische Beziehungen zu Japan aus
1. Juli 2024Der italienische Flugzeugträger Cavour wird im August in einen japanischen Hafen einlaufen, um an Militärübungen mit Einheiten der japanischen Streitkräfte teilzunehmen. Italien ist damit das jüngste europäische Land, das seine verteidigungspolitischen Beziehungen zu Tokio intensiviert.
Die Entsendung des 27.100 Tonnen schweren Flaggschiffs der italienischen Marine kündigte Verteidigungsminister Guido Crosetto vergangene Woche in Rom an. Er bestätigte auch, dass der Flugzeugträger mit bis zu zehn hochmodernen F-35B Tarnkappenjägern an Übungen teilnehmen werde, "um die Stabilität im Indopazifik zu gewährleisten", wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo News berichtete. Auch deutsche, französische und spanische Luftstreitkräfte sollen sich im Juli an Manövern in Japan beteiligen.
Rückzug aus der Seidenstraße
Die engeren Beziehungen zwischen Rom und Tokio scheinen durch das Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten im süditalienischen Apulien gefestigt worden zu sein. Es hatte Mitte Juni auf Einladung der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni stattgefunden.
Meloni soll am Rande des Gipfels ein persönliches Gespräch mit dem japanischen Ministerpräsident Fumio Kishida geführt haben. Der japanische Regierungschef hatte dabei die Bedeutung der Zusammenarbeit für die Sicherung von Frieden und Stabilität im indo-pazifischen Raum betont.
"Auch in der jüngsten Vergangenheit schienen Italien und Japan recht unterschiedliche strategische Interessen zu verfolgen, wobei sich Italien stärker auf den Nahen Osten und Nordafrika konzentrierte", so Marco Zappa, Assistenzprofessor für Japanstudien an der Universität Ca' Foscari in Venedig. Nachdem sich die Beziehungen zwischen Italien und China in den vergangenen Jahren abgekühlt hatten, hätten sich Italien und Japan wieder angenähert, sagte er der DW.
Italien ist die einzige große westliche Volkswirtschaft, die sich Pekings Vorzeigeprojekt "Belt and Road Initiative" angeschlossen hatte. Doch im Dezember kündigte Melonis Regierung an, sich aus dem Infrastruktur-Projekt, auch "Neue Seidenstraße" genannt, zurückzuziehen.
Das dürfte China verärgert haben. Zappa sagte, es sei "keine Überraschung", dass Italien in den Monaten nach dieser Entscheidung eine viel engere Ausrichtung mit den USA und anderen NATO-Verbündeten gezeigt habe.
China nicht verärgern
Zappa geht jedoch nicht davon aus, dass Rom während des Einsatzes der Cavour in der Region einen Konflikt mit China riskieren würde. Das Schiff werde sich von den umstrittenen Gebieten im Südchinesischen Meer fernhalten. Es sei auch sehr unwahrscheinlich, dass der Flugzeugträger die Straße von Taiwan passieren werde – einer Meerenge zwischen der chinesischen Provinz Fujian und Taiwan.
Jeff Kingston, Direktor für asiatische Studien am Tokioter Campus der Temple University, sagte, die Entsendung eines einzelnen italienischen Kriegsschiffes sei weitgehend symbolisch. "Kishida hat sich sehr für Europa und die NATO engagiert und will deutlich machen, dass Japan alles in seiner Macht Stehende tut, um die Ukraine zu unterstützen, damit die europäischen Staaten im Falle einer Taiwan-Krise wiederum ihre Unterstützung zeigen", sagte er der DW. Japan gehört mittlerweile zu den größten Geldgebern der Ukraine.
Ein Schlüsselelement im Zusammenspiel von Verteidigung und Sicherheit ist für Japan die gemeinsame Entwicklung von Waffensystemen. So arbeiten Japan, Italien und Großbritannien gemeinsam an der Entwicklung eines Kampfjets der nächsten Generation.
Verteidigungsminister Minoru Kihara sagte nach der Unterzeichnung des Abkommens am 14. Dezember, dass "die besten Technologien Japans, Großbritanniens und Italiens zusammengeführt werden, um die Abschreckung angesichts des schwierigsten und komplexesten Sicherheitsumfelds seit dem Zweiten Weltkrieg zu stärken." Bis dahin hatte das Land hauptsächlich US-amerikanische Ausrüstung gekauft.
Wende in der Rüstungsbeschaffung
Zappa bezeichnete das Projekt als einen "gewaltigen Wendepunkt". Es sei auch eine gute Gelegenheit für den italienischen Verteidigungssektor, zu wachsen und neue Märkte zu erschließen.
In Italien selbst habe die neue Beziehung zu Japan keine Besorgnis ausgelöst. "Es gibt keinen politischen oder öffentlichen Diskurs über die Beziehungen zu Japan, aber die Italiener haben das Bild, dass Japan wunderbar und ein guter globaler Verbündeter ist", sagte er. Eine Verbesserung der Verteidigungsbeziehungen mit europäischen Ländern wie Italien könne Japan helfen, seine Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten zu verringern.
"Ich glaube, Japan will sich auf eine mögliche zweite Präsidentschaft von Donald Trump vorbereiten. Das könnte weitere vier Jahre der Unsicherheit mit sich bringen, und deshalb sichert sich Tokio mit diesen neuen Partnerschaften dagegen ab."
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.