Italiens Regierung unter Druck
12. Juli 2004Ohne Ergebnis ist in der Nacht zum Montag (12.7.) das Spitzentreffen der Mitte-Rechts-Koalition in Italien zu Ende gegangen. Die Teilnehmer vertagten sich auf einen späteren Zeitpunkt am Montag. Europaminister Rocco Buttiglione von den Christdemokraten sagte nach einer Meldung der italienischen Nachrichtenagentur AGI, es sei positiv, dass man an den Problemen arbeite. Roberto Calderoli von der Lega Nord sprach von einer Klimaverbesserung.
Der Streit eskalierte
Der Streit innerhalb Italiens Regierungskoalition über den wirtschafts- und finanzpolitischen Kurs schwelt bereits seit Monaten. Für zusätzlichen Druck sorgte das schlechten Abschneiden von Berlusconis Partei "Forza Italia" bei den Europa- und Kommunalwahlen im Juni, aus denen die Christdemokraten gestärkt hervorgingen. In der Nacht zum 3. Juli eskalierte der Streit bei einem Treffen der Koalitionsspitzen.
Vize-Ministerpräsident Gianfranco Fini von der rechtgerichteten Nationalen Allianz hatte mit dem Auszug seiner Partei aus der Koalition gedroht, wenn Wirtschafts- und Finanzminister Tremonti nicht zurück trete. Einige Regierungsmitglieder hatten den einflussreichen Tremonti stets misstrauisch beäugt, und ihm vorgeworfen, die wahren Budgetprobleme des Landes zunächst verschwiegen zu haben. Der "Superminister" räumte daraufhin seinen Posten.
Absage aus Brüssel
Ein definitiver Nachfolger ist bislang noch nicht vorgesehen. Berlusconis ursprünglicher Favorit, der scheidende EU-Wettbewerbskomissar Mario Monti, hatte den Posten in der vergangenen Woche abgelehnt. Er wolle weiterhin auf europäischer Ebene tätig sein, hatte er er nach Angaben der Europäischen Volkspartei (EVP) gesagt. Berlusconi vertritt derweil die beiden Schlüsselressorts in seinem Kabinett bis auf weiteres selbst.
Die Opposition in Rom kritisierte, dass Berlusconi durch seine Interims-Übernahme des freien Ressorts nun auch direkte Kontrolle über das staatliche Fernsehen ausübe. Berlusconi, der Herr über die drei größten TV-Privatsender in Italien ist, werde damit sogar einen neuen Präsidenten des Staatsenders RAI ernennen können. Das Wirtschaftsministerium besitzt 100 Prozent der Anteile der RAI-Holding.
Berlusconi - Superminister?
Berlusconi hatte zunächst ein mehrmonatiges Provisorium angestrebt. Auf Druck seiner Koalitionspartner hatte er daraufhin eine Begrenzung auf mehrere Tage und eine Lösung des Konfliktes angekündigt. Sollte es Berlusconi nicht gelingen, die Koalition zusammenzuhalten, könnte es zu einer vorgezogenen Neuwahl kommen. Der Regierungschef will dies unter allem Umständen vermeiden, da dann ein Wahlsieg der linken Oppositionsparteien erwartet wird. (ina)